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Politik und Moderne: Axl Leskoschek in Prenning |
Sonntag, 8. Juni 2008 | |
1848 – 1918 – 1933 – 1938 – 1948 – 1968 – 1978 Im heurigen Jahr gibt es zahlreiche historische Ereignisse, derer Österreich aus Anlass des 160., 90. des 75. oder 30. Jahrestags gedenkt. So wird am 12. September in Wien im Parlamentsgebäude die „Republik.Ausstellung 1918-2008“ eröffnet. KORSO geht bis Jahresende monatlich einigen dieser Ereignisse und deren Auswirkungen auf die Steiermark nach. Dabei werden nicht die großen Ereignisse und Männer im Mittelpunkt stehen, sondern die „andere“, die vielfach vergessene Geschichte. Ein „vergessenes“ Kapitel steirischer Kulturgeschichte rund ums „Haus Feuerlöscher“ Der Verein „Prenninger Gespräche“ zeigt in Prenning bei Deutsch-feistritz im Landhaus Feuerlöscher bis zum 31. Oktober 2008 die Ausstellung „Axl Leskoschek und der Prenninger Kreis“. Grund genug, in der Reihe der heurigen 8er Jahre sich mit diesem „vergessenen“ Kapitel steirischer Kulturgeschichte zu beschäftigen. Ein Treffpunkt der kritischen Intelligenz. Prenning, so schrieb Josef Janisch 1885 im Lexikon der Steiermark, „liegt theils eben an der Uebelbacher Bezirksstraße am Uebelbache, größtentheils aber auf dem nördlich der Straße sich erhebenden Berge. Am Uebelbache liegen zwei Mühlen. Hier befindet sich eine Pflugschmiede des Johann Edelhofer und Jahn’s Dynamitfabrik, die am 10. Juni 1878 explodiert ist.“ Das damals rund 350 Einwohner zählende Prenning war eine Katastralgemeinde von Deutsch-Feistritz, wo zu Beginn der 1880er Jahre zudem eine Holzschleife errichtet wurde, die 1884 von dem aus Villach zugezogenen Daniel Feuerlöscher übernommen und zur „Prenninger Papier- und Pappendeckelfabrik“ ausgebaut wurde. Seine vier zwischen 1903 und 1907 geborenen Enkelkinder – Eva, Lilly, Anna und Herbert Feuerlöscher – waren es dann, die ab den 1930er Jahren Prenning ein anderes Gesicht gaben, luden sie doch einen Kreis von Intellektuellen und Künstlern aus Graz nach Prenning ein: eine Tradition, die über Jahrzehnte anhielt. Hier trafen sich u. a. der stellvertretende Herausgeber der sozialdemokratischen Tageszeitung Arbeiterwille Dr. Kurt Neumann, der mit Anna Feuerlöscher verheiratet war, sein Zeitungskollege, der Kulturredakteur, Maler und Buchillustrator Axl Leskoschek, der Architekt Herbert Eichholzer und seine Kollegin und Lebensgefährtin Anna Lülja Simidoff, der Bildhauer Walter Ritter, der Obmann der Angestelltengewerkschaft Isidor Preminger sowie der Schriftsteller und Journalist Ernst Fischer. Politische Anfeindungen und Auflösung. Im Jahr 1935 war Prenning auch Produktionsstätte des Holzspielzeugs KLUMP, das von Herbert Eichholzer und Walter Ritter entworfen und von Anna Neumann bemalt wurde. Einige aus dem Prenninger Kreis – Walter Ritter, Herbert Eichholzer und Herbert Feuerlöscher – gründeten gemeinsam mit Freunden aus Graz – Erich Kastner und Friedrich Zotter – Anfang des Jahres 1936 den Kunstverein Grazer Stadtklub, der auch als linker Flügel innerhalb der Grazer Sezession bezeichnet wurde. Dieser unpolitische Verein, dessen Zweck die Pflege des Kunstschaffens und aller damit verbundenen kulturellen Bestrebungen sein sollte, war von Beginn an von politischen Anfeindungen und Verfolgungen begleitet. So konnte die Gründung des Vereins im Jänner 1936 nicht erfolgen, da die Polizeidirektion gegen das Vorstandsmitglied Herbert Eichholzer, den sie der „staatsfeindlichen Betätigung“ verdächtigte, Einspruch erhob. Eichholzer wie auch Axl Leskoschek hatten sich im Februar 1934 an den Kämpfen beteiligt, weshalb sie verhaftet worden waren. Kurt Neumann hatte zudem am 12. Februar 1934 die letzte Ausgabe des Arbeiterwillens herausgegeben mit dem Aufruf zum Generalstreik und Kampf gegen den Faschismus. Nach dem „Anschluss“ 1938 gingen die Nationalsozialisten – wie der Sekretär der Sezession, Gustav Scheiger, schilderte – gegen „die Sezession und besonders den verhassten ‚Klub‘ über Nacht mit aller Schwere“ vor. Der Verein wurde wie auch die Sezession Graz aufgelöst und das Vereinsvermögen nationalsozialistischen Organisationen übergeben. Emigration und Widerstand. Viele der Mitglieder des Prenninger Kreises flohen nach der Machtübernahme der Nazis aus der Steiermark. So ging Herbert Eichholzer noch am 12. März 1938 mit Axl Leskoschek über Italien in die Schweiz, von wo Eichholzer weiter nach Paris und letztlich in die Türkei zu Clemens Holzmeister emigrierte. Axl Leskoschek wurde 1940 aus der Schweiz ausgewiesen und konnte in letzter Minute noch nach Brasilien emigrieren. Kurt Neumann floh über Paris und Frankreich in die USA, wo er in Hollywood u. a. mit Fritz Lang arbeitete. Isidor Preminger floh nach England, wo er innerhalb des Londoner Büros der österreichischen Sozialisten tätig wurde. Anna Lülja Simidoff ging in ihre Heimat Bulgarien zurück und Walter Ritter versuchte einige Zeit in der Anonymität in Berlin unterzutauchen. Ebenfalls für einige Zeit untergetaucht waren die vier Feuerlöscher-Geschwister, ehe sie wieder nach Prenning zurückkehrten und den Betrieb weiterführten. Nur Herbert Feuerlöscher emigrierte in die Türkei, wo er – offiziell als Exportbeauftragter der Pappendeckelfabrik mit legalen Papieren versehen – mit Eichholzer in der Auslandsorganisation der KPÖ tätig wurde, ehe er später nach Palästina und Ägypten ging. Nachdem Herbert Eichholzer 1940 aus der Türkei nach Graz zurückgekehrt war, um hier im Auftrag der KPÖ den Kontakt der steirischen Widerstandsgruppen mit dem Ausland wiederherzustellen sowie die einzelnen Wiener Gruppen zu einer gemeinsamen Organisation zu einen, kam er auch wieder nach Prenning, wo er sich mit Anna Neumann traf. Diese brachte ihn in Kontakt mit politisch Oppositionellen, die im Übelbachtal eine Zelle des kommunistischen Widerstands gegründet hatten. 1941 durch einen Spitzel verraten, wurde Eichholzer verhaftet, vom Volkgerichtshof zum Tode verurteilt und kurz vor seinem 40. Geburtstag in Wien hingerichtet. Anna Neumann und die Mitglieder der Zelle im Übelbachtal erhielten Zuchthausstrafen zwischen drei und sechs Jahren. 1948: Rückkehr, aber keine Heimkehr. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft wurde Prenning wieder ein Treffpunkt linksorientierter Künstler und Intellektueller. Auch wurde hier 1947 der 1938 aufgelöste Grazer Stadtklub unter dem Namen Demokratischer Klub von Anna Neumann, Friedrich Zotter, Walter Ritter und dem Musiker Josef Michl-Bernhard neu gegründet. Dieser Klub lud u. a. in Kooperation mit der Sezession Axl Leskoschek – nachdem dieser im Herbst 1948 nach Österreich zurückgekehrt war – im April 1949 nach Graz ein, wo Leskoschek über „die Stellung des Künstlers in der Gesellschaft“ referierte. Dass Axl Leskoschek nach Österreich zurückgekehrt war, hing auch mit seinen Freunden in der Steiermark zusammen, die – vom diesbezüglichen Wunsch Leskoscheks wissend – bereits im November 1946 an die Steiermärkische Landesregierung hergetreten waren, ihn wie auch Wilhelm Thöny, Hans Leifhelm und Otto Siegl zur Rückkehr nach Österreich einzuladen. Es sollte schließlich bis 1948 dauern, ehe Axl Leskoschek ohne offizielle Einladung nach Österreich zurückkehrte. Doch wirklich heimgekehrt, da nie heimgeholt, ist Axl Leskoschek nie, und sein richtiges Exil setzte erst hier ein. Kurz vor seinem Tod 1976 meinte er in einem Rückblick, es sei der größte Fehler seines Lebens gewesen, Brasilien zu verlassen, wo er so viele Freunde und Schüler hatte, um in sein Land zurückzukehren und dort weiterhin unbekannt, fast anonym zu bleiben. Bald nach seiner Rückkehr hatte er dies noch mit Ironie gesehen, wenn er etwa in „Eine Biographie, wie ich sie mir vorstelle“ schreibt: „Dort in Brasilien, wo auch damals Getulio Vargas, aber noch als Diktator, regierte, ließ man mich in Ruhe, ja man gab mir sogar eine Professur. Dieses Ereignis wiederholte sich keineswegs nach meiner Rückkehr nach Österreich, obwohl der Rektor und die Professorenschaft einer hiesigen Hochschule meine Betrauung mit einer Lehrstelle beantragt hatten. Auf diese Weise blieb dem Staat 0, 000.000.001 Promille Budget, hinausgeworfen für einen Unwürdigen, erspart. Nicht erspart blieb hingegen die stille Heiterkeit, als mich zu der ersten eigenen Ausstellung, die überhaupt in meinem Vaterland stattfand (gegen drei in Brasilien) vier Zeitungen totschwiegen. So schaut das immer aus, wenn der kleine Mo..., nein Maurice gegen eine Weltanschauung losgeht.“ Ein führender Künstler der Grazer Sezession. Dabei gehörte der gelernte Jurist Dr. Axl Leskoschek bereits in der Ersten Republik zu den führenden steirischen Künstlern. Der am 3. September 1889 als Sohn eines Feldmarschallleutnants in Graz geborene Albert von Leskoschek, wie sein richtiger Name lautete, hat nach dem Ersten Weltkrieg, aus dem er schwer verwundet zurückgekehrt war, auf eine Justizkarriere verzichtet und stattdessen an der Landeskunstschule Graz zu studieren begonnen und das Studium zwischen 1921 und 1923 in Wien an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt fortgesetzt. Gleichzeitig begeisterte Leskoschek sich für die politischen Umwälzungen, die 1917 in Russland ihren Ausgang genommen hatten und wurde Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, für deren Tageszeitung Arbeiterwille er bis 1934 als Kulturredakteur wirkte. 1919 gehörte Axl Leskoschek zu den Gründern des Werkbunds Freiland in Graz und war 1923 auch Mitbegründer der Grazer Sezession – beide das steirische Kunstleben bestimmende Vereinigungen der Zwanziger- und Dreißigerjahre. Mit Holzschnitten – so seinen Faust-Illustrationen – und expressionistischen Bildern trat er innerhalb der Sezession von Beginn an in Erscheinung und konnte erste Preise gewinnen. Bereits 1920 entstand das erste von Axl Leskoschek mit Holzschnitten illustrierte Buch, dem bis zu seinem Tod über 60 folgen sollten. Die künstlerische Spannweite reichte von Andersens Märchen und Geschichten und den mittelalterlichen Märchen und Legenden aus den Gesta Romanorum über E.T.A. Hoffmann, Christoffel von Grimmelshausen, Heinrich von Kleist, Johann Nestroy, Peter Rosegger und Anzengruber bis zu Illustrationen zu Romanen der Weltliteratur. Seine Visualisierungen des geschriebenen Wortes begründeten auch seinen Ruf, einer der ganz Großen der „Kleinkunst“ – der kleinen Holzschnitte und Stiche – dieses Jahrhunderts zu sein. Politischer Aktivismus. Die sich politisch radikalisierenden Verhältnisse in Österreich mit Putschversuchen, der Ausschaltung des Parlaments und schließlich den Februarkämpfen 1934 führten dazu, dass Leskoschek in diesen Jahren auf mehreren Ebenen eingriff. Er schrieb im Arbeiterwillen, gestaltete Plakate für die Sozialdemokratische Partei und kämpfte als Mitglied des Republikanischen Schutzbundes im Februar 1934 gegen die Faschisierung Österreichs. Die Folgen waren eine mehrmonatige Haft und der Übertritt zur Kommunistischen Partei, für die er in der Folge illegal tätig wurde. 1936 wurde er verhaftet und im Anhaltelager Wöllersdorf interniert, wo eine Reihe von Arbeiten auf grobem Packpapier entstand. Um seine Freilassung bemühten sich damals unter anderem Franz Theodor Csokor und die Labourparty, die anlässlich des Eng- landaufenthalts des österreichischen Staatssekretärs für Auswärtige Angelegenheiten diesem eine Liste mit Namen politischer Häftlinge mit der Bitte um Amnestie überreichte. Nach seiner Enthaftung waren drei „Prenninger“, Axl Leskoschek, Herbert Eichholzer und Kurt Neumann, als „Grazer Gruppe“ am Entstehen der ersten und einzigen Nummer der Avantgarde-Zeitschrift Österreichs, PLAN, führend beteiligt. Die politischen Ereignisse – der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich und die damit verbundenen Verfolgungen österreichischer Antifaschisten – ließen ein weiteres Erscheinen der Zeitschrift nicht mehr zu, und die Protagonisten mussten Österreich verlassen. Axl Leskoschek, der mit Eichholzer in die Schweiz floh, begann dort eine Holzschnittserie, die er erst im Jahre 1959 abschließen sollte und die die illustrierte Geschichte seines Lebens darstellt: die Odyssee. Die Schweiz war nur die erste Station auf seiner Flucht. Wegen antinationalsozialistischer Tätigkeit verhaftet, wurde Leskoschek 1940 aus der Schweiz auf Lebzeiten ausgewiesen. Es gelang ihm über eine kirchliche Hilfsorganisation gemeinsam mit seiner Frau, die er in der Schweiz kennen gelernt hatte, weiter nach Brasilien zu fliehen, wo er im Jänner 1941 ankam und bis August 1948 bleiben sollte. Zwei Jahrzehnte totgeschwiegen. In Brasilien entstand eine Reihe von Ölbildern, Aquarellen, Linol- und Holzschnitten, Pochoirs, Lithographien und Radierungen, die voll vom Zauber und der Exotik der Menschen und der Landschaft Brasiliens sind. Daneben unterrichtete Leskoschek an der Akademie der Bildenden Künste in Rio de Janeiro Holzschnitt und Komposition und wurde so zum Lehrer einer ganzen Generation brasilianischer Künstler. Als er schließlich 1948 aus seinem Exil nach Österreich zurückgekehrt war, ging es ihm wie dem griechischen Helden, der nach vielen Jahren zurückkehrt und von niemandem außer von seinem Hund erkannt wird. Das bittere Bild im Odysseus-Zyklus, „Bettler vor der eigenen Tür“, zeigt dies sehr deutlich. In Wien, wo sich Leskoschek nun niederließ, wirkte er als freischaffender Künstler und Kulturredakteur in einem Klima des Kalten Krieges, das es dem politischen Künstler Axl Leskoschek unmöglich machte, über einen kleinen Kreis hinaus zu wirken. Er schuf in Wien zwar eine Vielzahl an Illustrationen in Zeitschriften, Zeitungen und Büchern, beendete nach 20 Jahren den Zyklus der Odyssee und schuf in den Jahren 1961-1964 sein zweites graphisches Hauptwerk, das er seinem Freund Herbert Eichholzer widmete, den elf Farblinolschnitte umfassenden Kainzyklus, doch wurden Ausstellungen mit ihm boykottiert, wie jene 1954 zum Thema „Kunst und Widerstand“, an der neben Leskoschek u. a. auch Picasso, Léger u.a.m. teilnahmen. Auch seine erste Personale wurde, wie er in seinem Lebenslauf schreibt, totgeschwiegen. Erst nachdem er 1968 in Folge der Niederschlagung des Prager Frühlings aus der KPÖ ausgetreten war, stellten sich erste Ehrungen ein. Späte Erinnerung. In die Steiermark wurde er schließlich 1971 „heimgeholt“: Die „Neue Galerie“ zeigte eine Personale. Nach seinem Tod 1976 sollte er aber rasch wieder vergessen werden – eine zu seinem 100. Geburtstag 1989 geplante Ausstellung wurde unter dem Vorwand des Geldmangels wieder abgesagt – und erst in den letzten Jahren – etwa im Rahmen der Ausstellung „Steirische Moderne in Dunkler Zeit“ – erinnerte man sich wieder an Axl Leskoschek. Die Ausstellung in Prenning mit einem begleitenden Kulturprogramm gibt die Möglichkeit, einen fast Vergessenen wieder oder neu zu entdecken. Heimo Halbrainer Ausstellung Axl Leskoschek Landhaus Feuerlöscher, Prenning bei Deutschfeistritz Ausstellung bis 31. Oktober 2008 Tel: 0664/ 411 36 68 Ausstellung „Axl Leskoschek 1889 – 1976“ reloaded auf www.korso.at!1999 veröffentlichte KORSO auf seiner Homepage anlässlich des 110. Geburtstages von Axl Leskoschek eine virtuelle Ausstellung mit einer Vielzahl von Bildern des lange vergessenen Künstlers. Anlässlich der Ausstellung in Prenning haben wir sie aus unseren Archiven geholt und machen Sie unseren LeserInnen wieder zugänglich – klicken Sie auf www.korso.at!
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