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Mit Unterstützung durch die INSTYRIA Kultur-Service GmbH stellt KORSO in der ARTBox steirische KünstlerInnen vor. Modeavantgarde in einem Geschäft mit Retroflair. Im Juni 2002 wurde in der Mandellstraße ein Showroom für Mode, Design und Kunst eröffnet. Dort, wo bereits ab den späten 60er-Jahren im gleichnamigen Geschäftslokal Jeans und Platten verkauft wurden, haben vier heimische Modedesignerinnen einen Verkaufs-, und Präsentationsraum für extravagante Textil- und Designkreationen geschaffen. Die „Grazer Schule". Eine Grazer Schule wie etwa in der Architektur scheint es im Bereich des Mode-Designs heute nicht zu geben. Die vier Designerinnen haben keine gemeinsame Linie und sprechen sich in Bezug auf ihre aktuellen Kollektionen auch nicht ab, was etwa Farben und Schnittführung betrifft. Ein roter Faden ist jedoch dennoch zu erkennen, und dieser lässt sich als „zunehmende Schlichtheit" oder „Hang zum Minimalistischen" zusammenfassen, wie Karin Wintscher-Zinganel resümiert. Bei Pell Mell ergänzen sich die Designerinnen einerseits, was Stil und Design betrifft, andererseits in ihrer jeweiligen Produktlinie. So war Yü-Dong Lins (Label „ni-ly") letzte Kollektion inspiriert von Bademode im „James Bond-Bade-Outfit, das aber durchaus in Alltagskleidung übergehen kann". Bettina Reichl („Odrowąż") greift in ihren Damenmodekollektionen mit Drapierungen und Wickelungen oft das Thema „Verhüllen, Enthüllen" auf. Karin Wintscher-Zinganels („Kay double U") idée fixe ist der Zipp, der durch Öffnen und Verschließen immer wieder neue Tragemöglichkeiten bietet, so dass ein Rock beispielsweise auch als Cape zu tragen ist. Mensch und Design. Während etwa in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia zu lesen ist, dass sich das Design stets „am Menschen und seinen vielfältigen Bedürfnissen" orientiere und daher „zweckorientiert" sei, so trifft bei Pell Mell in gewisser Weise auch das Gegenteil zu: Die Trägerin bestimmt das Design, oder besser die Funktionalität desselben. Die Kollektionen der vier Designerinnen von Pell Mell können in den seltensten Fällen eindeutig als beispielsweise Abendgarderobe, Alltags-‚ oder Berufskleidung bezeichnet werden. Karin Wintscher-Zinganel, direkt verwundert über die Frage nach der Zweckgebundenheit ihrer Kollektionen, sagt über ihre Arbeit: „Man kann meine Sachen zu einer Hochzeit tragen, aber genauso zu einer Baubesprechung. Das kommt auf den Träger an. Eine Architektin kann etwas zu einer Sitzung anziehen, was für eine Politikerin nur ab acht zu einer Vernissage in Frage kommt". Diese Deutung bzw. Anwendung von Design, die fast schon im Wittgenstein’schen Sinn zu verstehen ist, wonach der Gebrauch die Bedeutung bestimmt, ist durchaus Ausdruck der Lebensweise des 21. Jahrhunderts: Kontext und Person bestimmen die Zuordnung von Attributen (wie "elegant" oder "leger"). Mode ist Kultur. Dies war nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Vor allem was Förderungen für Modeschauen und dergleichen betrifft, wollte sich noch vor zehn Jahren kein Ressort so recht zuständig fühlen. Mode ist Kultur im Sinne der Kunsthaftigkeit des Designs. Heute, wo Design ein Studium an Fachhochschulen und Kunstuniversitäten ist, stellt dies keiner mehr wirklich in Frage. Der neue Möglichkeiten eröffnende, künstlerische Blick auf das Alltägliche verbindet das Modedesign mit anderen Kunstformen. Karin Wintscher-Zinganel, die von der Weberei kommt und ihre Inspiration oft aus dem Berühren der Textilien bezieht, beschreibt ihren Weg zu einer neuen Kreation ungefähr so: Entweder sie sieht einen Stoff, in den sie sich verliebt und sofort weiß, was man daraus machen kann, oder es ist der „kurze Blick", wie in einem Fall auf sich selbst vor dem Spiegel mit offenem Body, der sie ein Oberteil entwerfen ließ: „Da schaltet das Gehirn um, und die Idee entsteht". Man braucht aber die kunsthafte Sicht auf die Dinge nicht unbedingt heranzuziehen, um für „Mode ist Kultur" zu argumentieren. Wenn man „Kultur" als das in einer Gesellschaft gültige Sinn- und Bedeutungsgeflecht definiert, so ist klar, dass Mode darin eine bedeutende Rolle spielt. „Mode gehört zum individuellen Lebensgefühl und Lebensstil. Sie ist unmittelbarer Ausdruck. Mit Mode kann man sehr viel ausdrücken, ohne sprechen zu müssen." Crossing Fashion II. Als Teil
des interkulturellen Austauschs im Rahmen der mehrtätigen Veranstaltung
Crossing Culture des Afro-Asiatischen Institutes konnten Pell Mell die
kulturellen Aspekte von Mode bereits zum zweiten Mal bearbeiten.
Ausgangspunkt der diesjährigen Crossing Fashion waren Kleiderschränke
von MigrantInnen, von denen sich sechs heimische Designerinnen zu
interkulturellen Kollektionen inspirieren ließen. Die
unterschiedlichsten Farben, Schnitte und Materialien und deren
Anwendungen im jeweiligen Kulturkreis nach Europa zu transportieren
bzw. Kollektionen zu schaffen, die von Österreicherinnen getragen
werden können, d. h. sich in das österreichische Bedeutungsgeflecht
einbinden lassen, war die Herausforderung für die Modeschöpferinnen.
Neben Bettina Reichl, Karin Wintscher-Zinganel und Yü-Dong Lin von Pell
Mell waren die Designerinnen Alexandra Pötz, Julia Jeschek und Lena Hoschek
an Crossing Fashion II beteiligt. Die Auswahl der Migrantinnen und
Migranten aus Peru, Indien, Ghana, der Mongolei, dem Senegal und
Afghanistan erfolgte in Zusammenarbeit mit Megaphon-Chefredakteurin Judith Schwentner. Am 2. Juni präsentierten die Modeschöpferinnen ihre Ergebnisse des Austausches in einer Modenschau in der Remise Steyrergasse. Als
Inspiration für Yü-Dong Lin dienten einerseits Elemente der
mongolischen Tracht, andererseits die Jurte, das mongolische
Nomadenzelt. Die Kollektion ist Ausdruck des Gegensatzes zwischen der
Schlichtheit des Zeltes und der farbenfrohen Tracht sowie der
Naturverbundenheit des Nomadenlebens. Im Mittelpunkt der „African Collection" von Lena Hoschek stehen wilde Muster der traditionellen afrikanischen Kleidung, bedruckt und teilweise handbemalt auf Kleidern im 50er-Jahre-Stil, wie er für die Designerin typisch ist, d.h. schwingende Röcke und korsagehafte Oberteile.
Karin Wintscher-Zinganel arbeitete mit einem in Graz lebenden Inder zusammen. Ihr Ausgangspunkt war der traditionelle indische Männermantel, den sie mit ihren Zipp-Elementen kombinierte, was die in leuchtenden Farben und mit Gold und Glitzer bestickten Röcke, Blusen und Hosen nicht nur flexibler, sondern vermutlich auch einfacher tragbar macht.
Julia Jeschek griff das Peru und Österreich verbindende Element, die Farben der Flagge, auf und ließ sich vom Poncho und von der in Peru typischen Rockform, der Pollera, inspirieren, die sie mit dem österreichischen Dirndl verschmolz. Alexandra Pötz’ Kollektion, in den Farben Schwarz und Weiß gehalten, nahm in ihrer Schnittführung – ausgehend von der Tradition der Rasta-Zöpfe – die Themen Verflechten, Verbinden auf. Weichfließende Stoffe schaffen Raum für die Trägerin: „Ich kreiere nicht nur Räume für den Körper, sondern vor allem Raum für Geist und Seele". Bettina Reichl bearbeitete das Thema der Kleidervorschriften für Frauen in Afghanistan. Die Burka, der Ganzkörperschleier für Frauen, als typisches Kleidungsstück in Afghanistan, kam Bettina Reichls Merkmalen des Ver- und Enthüllens entgegen. „Ich habe via Internet eine Original-Burka eingekauft und diese nachgenäht. Stilelemente, wie das Sichtfenster (Netz) sowie die plissierten Passagen dienten als Inspiration für die ‚afghanische Kollektion’. Durch das Projekt erfährt dieser Gestaltungsansatz eine neue Dimension, weil dabei Freiheit und Moral westlicher sowie orientalischer Kultur behandelt werden". Die Erfahrungen, die die Designerinnen aus der Zusammenarbeit mit den MigrantInnen sammeln konnten, die unterschiedlichsten Zugänge zu Materialien und Schnitten werden in ihre weiteren Arbeiten einfließen und nachhaltig wirken. Man darf gespannt sein. Annekatrin Kessler PELL MELL - DESIGNERINNEN UND LABELS BETTINA REICHL, Damenmode und Accessoires Ausbildung zur Modedesignerin an der Modeschule Hetzendorf in Wien, seit 1987 freiberufliche Modedesignerin. Kollektionen für österr. Modefirmen. Im Juli 1990 Gründung von Design+Co, einer offenen Gemeinschaft von Grazer ModedesignerInnen und Plattform für gemeinsame Auftritte in der Öffentlichkeit. Seit April 1993 Erweiterung des Tätigkeitsfeldes auf Verpackungsdesign: Entwicklung von ökologisch wertvollen und ästhetischen Produkten, seit 2002 Girl & Men Shop Pell Mell in Graz, Showroom und Galerie. KARIN WINTSCHER-ZINGANEL, Damen- und Kindermode Ausbildung an der HTL Ortweinplatz in Graz, Textiles Design. Nach Abschluss 1984 freie Modedesignerin für verschiedene Textilfirmen in Österreich (für Theater, Werbung und Shopdesign), Entwürfe im Kindermodebereich, Teilnahme an Modeschauen und Modemessen national und international, seit 10 Jahren selbstständige Kollektionen, seit 2002 Girl & Men Shop Pell Mell in Graz, Showroom und Galerie. YÜ-DONG LIN Damenmode DamenmodeAusbildung zur Modedesignerin an der Modeschule New York, selbstständig tätig in Wien und Graz. HEIKE BEREN, Taschen und Accessoires Ausbildung zur Modedesign-erin an der Modeschule Graz, zur Zeit Einkäuferin bei Humanic, seit 2002 Girl & Men Shop Pell Mell in Graz, Showroom und Galerie (Taschenkollektion). Künstler aus den Ausgaben vor dem Jahr 2006 finden Sie hier!
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