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„Ritzen“ – ein forderndes Stück für Jugendliche
Archiv - Kultur
Montag, 12. Juni 2006
ImageFritzi ist 14 Jahre alt und schneidet sich gern. Der Schmerz den Fritzi sich zufügt, ist die einzige Möglichkeit, sich selbst zurückzuholen, die Welt in sich zurückzuholen. Ritzen ist ein Stück über Selbstverletzung, wie sie in den 90er Jahren „modern" wurde. Jugendliche, vor allem Mädchen, schneiden sich mit einer Rasierklinge oder einem Messer die Haut auf.

Viele von ihnen haben durch ein traumatisches Erlebnis – soziale Vernachlässigung, Drogen, Vergewaltigung – den Zugang zu ihrem Körper verloren, leiden am so genannten Borderline-Syndrom. Die offizielle Zahl der RitzerInnen in Deutschland beträgt 800.000.

Walter Kohls Stück basiert auf einer wahren Geschichte. Der Autor hat das Stück gemeinsam mit einer heute 26-jährigen Ritzerin erarbeitet. Durch Therapien konnte sie die Sucht überwinden und führt heute ein nahezu normales Leben.
Auf die für Borderliner charakteristische Sicht der Welt nimmt auch das Bühnenbild von Johannes Schedl Bezug: Ein Schachbrett, schwarz oder weiß, ein auswegloses Nichts, ein Gefangensein in sich selbst. Die Außenwelt dringt nur durch einige in Rot gehaltene Gegenstände in Fritzis Innenleben ein: Ein Sessel, eine Tastatur, eine Trinkflasche, eine Glühbirne.

Empfehlenswertes Zusatzangebot. Beatrice Boca beeindruckt das jugendliche Publikum durch ihre schauspielerische Leistung. Die Reise durch die Gedankenwelt der Protagonistin stellt jedoch hohe Anforderungen: Viele der jungen ZuschauerInnen dürften Fritzi nicht als 14-Jährige erlebt haben; die Komplexität ihrer Gedanken und ihrer Sprache ließ sie um einiges älter erscheinen. Sowohl die für 14-Jährige offenbar ungewohnte Form des Monologstücks und die damit verbundene Sprache und Inszenierung tragen ihren Teil dazu bei, dass ein allzu junges Publikum überfordert wirkt; die Altersempfehlung scheint ein wenig zu optimistisch angesetzt.
Ein wertvolles Angebot ist daher die Fragerunde mit den Schauspielern und der Regisseurin Susanne Zöllinger am Ende des Stücks, die extra gebucht werden muss, jedoch zur Aufarbeitung nahezu unerlässlich ist.

Eine empfehlenswerte Internetplattform zum Thema, mit Berichten von RitzerInnen, Hilfestellungen und Informationen zum Borderline-Syndrom ist www.rafa.at/121ritz.htm

Katharina Dilena

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