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„Die Menschen ins Thema hineinziehen“ |
Archiv - KORSO Sozial FORUM - Schwerpunkt: Sozialstaat | |
Donnerstag, 1. Juni 2006 | |
Am Anfang der Ausstellung A-Sozial – Wanderausstellung Sozialstaat Österreich stand ein Wettbewerb, der im zweiten Semester des Jahrgangs IND04 am Studiengang Informationsdesign ausgeschrieben wurde.
Für die Schau wurde sowohl ein Name, Logo als auch ein passendes Ausstellungsdesign gesucht. In einem Briefing wurden die Studierenden von Christian Ehetreiber in das Thema eingeführt. Vorgaben in punkto Kreativität gab es von Seiten der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus keine. Fotograf David Kranzelbinder Under Pressure. Im Frühjahr 2005 waren die Info-Designer aufgerufen ein Konzept zu entwickeln, das die Inhalte der Ausstellung unterstreichen sollte. Unterstützung erhielten sie von der FH-Professorin Erika Thümmel, die neben ihrer Lehrtätigkeit auf der Grazer Fachhochschule als freiberufliche Ausstellungsgestalterin arbeitet. Wichtig war ein flexibles System aus einzelnen Modulen zu entwickeln, da es sich um eine Wanderausstellung handelt, die in ganz Österreich in den unterschiedlichsten Räumlichkeiten zu sehen sein wird. Unter 23 Konzepten wählte die Jury den Spiralenmodul-Entwurf von Fanny Arnold aus, der, so die Begründung der Juroren, für die Bedürfnisse der Veranstaltung am besten geeignet war. „Ich hatte sehr schnell die Idee ein Spiralensystem auszuarbeiten, das sich ausgehend von einem breiten Eingangsbereich bis zu einem überdachten Mittelteil verengen sollte", so die Konzeptionistin. „Die BesucherInnen sollen in die Thematik hineingezogen werden." Auf die Frage ob diese Idee am Anfang ihres Entwurfes stand antwortet die Info-Designerin mit einem Lachen „Nein", aber dieser Aspekt sei ein zusätzliches überzeugendes Argument gewesen. Die Spiralen setzen sich aus einzelnen Holzstreben zusammen, die verschraubt werden und so leicht auf- und abzubauen sind. Die Konzeptentwicklung war allerdings die leichteste Übung, sind sich Fanny Arnold und Konrad Zirm einig, erst die Ausführung setzte die StudentInnen ein wenig unter Druck. Konrad Zirm und Fanny Arnold von „Zimmerservice". Jetzt wird in die Hände gespuckt. Im vierten Semester des Studiengangs Informationsdesign wird traditionell die Lehrveranstaltung „Virtuelle Firma" abgehalten. Die Studierenden müssen in Viererteams, eine virtuelle Firma gründen und diese auch führen. Fanny Arnold, Konrad Zirm, Peter Hutter und Simona Zach gründeten das Unternehmen „Zimmerservice". Im Gegensatz zu den anderen KollegInnen hatte Zimmerservice einen entscheidenden Vorteil: Ihren ersten Auftrag hatte das Gestaltungsteam bereits in der Tasche. Jetzt ging es an die Umsetzung des Ausstellungskonzepts und die Begleitung der Vorbereitungsarbeiten bis zur Eröffnung. 7. Die Ausstellung ist in sieben Themenbereiche gegliedert, demzufolge gibt es auch sieben unterschiedliche Spiralen – von der Geschichte des Sozialstaats über Sozialhilfe und Globalisierung bis hin zu Zukunftsvisionen. Jedes Themengebiet hat als Headline einen berühmten Songtitel, der die Inhalte unterstreicht. „No Better Future", von David Bowie ziert die Außenseite der Zukunftsspirale, „Bruttosozialprodukt" von Geier Sturzflug die „Recht auf Arbeit"-Spirale. Wichtig war es den GestalterInnen, ein passendes Farbkonzept zu entwickeln. So leuchtet der Themenblock „Menschen und Weltbilder im Sozialstaat" unter dem Motto „A Mensch möchte i bleiben" von Wolfgang Ambross in Grün und „High Risk Insurance" von The Ramones in Gelb. Die Farbgebung sorgt für ein erfrischendes, modernes Ambiente und wird sowohl junge als auch ältere BesucherInnen ansprechen. Bei speziellen Fragen, die während der Umsetzung zu Tage kamen, war die erste Ansprechpartnerin in jeder Hinsicht Erika Thümmel: „Ohne ihre Unterstützung hätten wir das alles nicht geschafft", ist sich Fanny Arnold sicher. Immerhin musste ein Lichtkonzept entwickelt, Texte in Szene gesetzt, Bilder aufgezogen und die Vitrinen an die Objekte angepasst werden. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Rund 200 Jugendliche arbeiteten an A.Sozial mit. Für Titel und Logo zeichnen die beiden Info-Design-Studentinnen Kerstin Rosenzopf und Daniela Schardinger verantwortlich. Die umfangreiche Fotoausstellung, die neben den Themenspiralen in einem zweiten Raum in der Andritzer Ziegelfabrik gezeigt wird, entstand ausschließlich durch Jugendliche, die sich speziell für diese Ausstellung mit dem Thema Arbeit auseinandergesetzt haben. David Kranzelbinder ist einer der vielen Künstler, dessen Bilder es durch das strenge Auswahlverfahren von „Zimmerservice" geschafft haben. Auf der Suche nach dem Sozialstaat trieb es David von der Spitalsküche bis in die Grazer Kanalisation. „Ich habe drei Monate lang nach den passenden Motiven gesucht. Ich wollte die Arbeitswelt nicht nur abbilden sondern sie ganz bewusst kontrastiert darstellen", erläutert der Fotograf. Besonders beeindruckt haben ihn die Kanalarbeiter. „Jede Arbeit hat eine bestimmte Technik, ich wollte die menschliche Ebene zeigen und das Unterbewusste der Arbeit." Seine Vorgangsweise: „Ich habe mit den Menschen gesprochen, sie kennen gelernt. Ich wollte nicht als Alien in ihre Welt eindringen." Entstanden sind fesselnde Bilder aus dem Leben von Personen in deren Arbeit man nur selten Einblicke gewährt bekommt. Magdalena Dorner besuchte das Unternehmen Saubermacher. Auch ihre Fotografien sind unter den 92 ausgewählten Bildern zu finden. „Wenn man in einen Betrieb wie Saubermacher eindringt, lernt man hunderte Lebensgeschichten kennen. Jede Maschine ist irrsinnig gefährlich, überall stehen Warntafeln, jedes Gerät hat einen ganz speziellen Arbeitsunfall am Buckel." Aus über 20 CDs mit hunderten Fotos wählte das „Zimmerservice"-Team jene Bilder aus, die die Arbeitswelt ganz speziell beleuchteten. „Wichtig war uns, dass die Fotografien untereinander auch farblich gut abgestimmt sind", erklärt Konrad Zirm. Aus Virtualität wird Realität. Nicht viele StudentInnen haben das Glück, schon während ihrer Studienzeit so große Projekte an Land zu ziehen. „Zimmerservice" hatte die Chance sich bei der Sozialstaatsausstellung zu beweisen. Das Ergebnis in der heruntergekommenen Andritzer Ziegelfabrik kann sich sehen lassen. „A-Sozial": Making of an exhibition Christian Ehetreiber, Bettina Ramp: Die Ausstellung A-Sozial versteht sich als Teil einer Gegenöffentlichkeit zum neoliberalen Mainstream. Die Wanderausstellung „A – Sozial" über den Sozialstaat Österreich wurde von der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus im Auftrag von LH-Stv. Dr. Kurt Flecker gemeinsam mit Jugendlichen erstellt. „Die Ausstellung entspricht völlig den Intentionen unserer Arbeit", sagt der geschäftsführende ARGE-Obmann Mag. Christian Ehetreiber. „Ein starker Sozialstaat, der Ausgrenzungen vorbeugt, ist ein wichtiger Faktor in der Prävention von Gewalt und Rassismus. Wir verstehen die Ausstellung als Teil einer Gegenöffentlichkeit zum neoliberalen Mainstream und reihen uns damit in die aufklärerischen Initiativen vom Austrian Social Forum über ATTAC bis hin zum Global Marshall Plan ein." Eine Ausstellung von Jugendlichen (nicht nur) für Jugendliche. Über 200 Jugendliche haben bei Konzeption und Erstellung der Ausstellung mitgemacht, davon etwa 140 aus dem AHS-/BHS-Bereich, 30 aus den Landesberufsschulen und ebenso viele von der FH Joanneum, berichtet Mag. Bettina Ramp von der ARGE. Die Ausstellung umfasst 7 „Spiralen" zu jeweils einem Themenschwerpunkt, im Begleitprogramm werden in Kooperation mit dem UCI-Kino Filme wie „Darwins Nightmare" oder „We feed the world" gezeigt, ein Kabarett mit Ludwig Müller steht auf dem Programm, Speakers Corner unter dem Motto „Der Sozialstaat zu Gast am Stammtisch" werden abgehalten, DVDs mit den Ergebnissen der „Spurensuchen" und mit PolitikerInnen-Interviews sind bei der Ausstellung zu sehen. Der Erlös aus Merchandising – es gibt FreeCards mit provokanten Sagern, A-Sozial-Wein und -Sticker – und Eintrittsgeldern wird der Caritas Auslandshilfe, der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg und dem Verein PASCH zur Verfügung gestellt. Forderungen. „Während der Arbeit an der Ausstellung gab es natürlich auch eine Reihe politischer Diskussionen", berichtet Ehetreiber. „Daraus haben sich drei Hauptforderungen zur Aufrechterhaltung und Anpassung des Sozialstaates an die heutigen Erfordernisse entwickelt, die wir natürlich auch mit der Schau transportieren wollen." Um Arbeit und Reichtum europaweit besser zu verteilen, meint die ARGE, muss in der EU ein voraussetzungsfreies Grundeinkommen von derzeit 685,-- Euro plus Kranken- und Unfallversicherung eingeführt werden, auf das jede/r ab 18 Anspruch hat; für Kinder solle es Zuschläge geben. Über alle Branchen hinweg soll ein Mindestlohn gelten, der in Österreich 1000 Euro brutto betragen soll und in den anderen Ländern entsprechend nach Kaufkraftparitäten zu berechnen wäre. Und schließlich soll der zweite Arbeitsmarkt mit gesellschaftlich sinnvollen Tätigkeiten radikal ausgebaut werden.
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