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Prüfbericht in Sachen Ökoprofit: „Mangelnde Sorgfalt im Umgang mit Steuermitteln“
Archiv - Politik
Dienstag, 7. Februar 2006
ImageAls im Spätherbst 2005 die im Besitz der Stadt Graz stehende Firma CPC (Cleaner Production Center) unter Geschäftsführer Karl Niederl mit ihrem berüchtigten Tunesien-Projekt Schiffbruch erlitt und damit gleichzeitig das Vorzeige-Umweltprojekt „Ökoprofit" in ein schiefes Licht geriet, war die anschließende Aufregung unter den zuständigen Stadtpolitikern groß: Mancher politisch Verantwortliche wollte von nichts gewusst haben, gegenseitige Beschuldigungen wurden ausgesprochen und gar Rücktritte gefordert.

Der Stadtrechnungshof prüfte die Unterlagen des Unternehmens und am 24. Jänner präsentierten die Vorsitzende des Kontrollausschusses GRin Lisa Rücker und Stadtrechnungshofdirektor Dr. Günter Riegler die zentralen Punkte des Prüfberichts. Mit Lisa Rücker sprach Josef Schiffer für KORSO über ihre Einschätzung der politischen Verantwortlichkeiten.

Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Versäumnisse der Stadtpolitik in der Causa Ökoprofit?

Man kann hier zweifellos von einem durchgängigen Versagen der politischen Kontrolle sprechen, das sich die über die ganzen Jahre hinweg wie ein roter Faden durchzieht. Und zwar was alle in der Stadtregierung vertretenen Parteien betrifft. So handlungsunfähig, wie es von den zuständigen Referenten gerne dargestellt wird, war die Politik von Anfang an nicht. Bereits im Jahr 2000 ist in der Kooperationsvereinbarung der Stadt Graz mit der CPC die Einrichtung eines Kontrollgremium beschlossen worden ebenso wie die Verpflichtung zu einem vierteljährlichen Bericht: Beides ist – trotz der Unterschriften von Stingl, Weinmeister und Nagl u.a. – nie in die Praxis umgesetzt worden.

Warum ist es nach der ersten „Liquiditätskrise" unter GF Zlöbel und der daraus resultierenden Dringlichkeitsverfügung zu keiner Änderung des Systems gekommen?

In der Dringlichkeitsverfügung vom Sommer 2002 wurde das Beiziehen eines Wirtschaftsprüfers für Auslandsaufträge festgeschrieben; diese Passage wurde dem Gemeinderat in der späteren Lesung allerdings vorenthalten. Aber zumindest die Mitglieder des Stadtsenats, also auch der heutige Bürgermeister Nagl, durften Einblick in dieses Schriftstück (Motivenbericht) nehmen und mussten daher über diesen Kontrollmechanismus Bescheid gewusst haben. Außerdem hat Ebner in einem Schreiben vom 10.7.2002 an den damaligen Finanzreferenten Nagl diesen Vorschlag geäußert.

Außerdem war in der Dringlichkeitsverfügung die Einrichtung eines Aufsichtsrates vorgesehen, was bis zum Sommer 2005 allerdings nicht erfolgt ist. Übrigens hat sich auch Dr. Ebner als Geschäftsführer selbst nicht an seine eigenen Vorschläge gehalten, während Niederl Widerstand leistete, mit der Begründung, es gäbe einen Beirat, der jedoch nie aktiv tätig war.

Wieso war es dem Geschäftsführer möglich, so lange auf eigene Faust zu agieren?

Nachdem Niederl Anfang 2004 nach dem Ausscheiden Ebners als alleinigem Geschäftsführer übrig geblieben war, handelte er praktisch nach eigenem Belieben. Es wurde ja auch vorher nie festgelegt, welche Befugnisse dem Geschäftsführer alleine obliegen bzw. wie diese begrenzt werden. So hat er diverse Unterschriften und Aktenvermerke am Rande von Sitzungen und Veranstaltungen eingeholt, wo die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen eventuell beeinträchtigt war. Trotzdem kann man es nur als mangelnde Sorgfalt von Seiten der zuständigen Politiker bezeichnen, dass die zur Unterschrift vorgelegten Dokumente bzw. die beiliegenden Verträge nicht eingehend gelesen worden sind.

Welche Vorwürfe müssen sich die zuständigen Stadtpolitiker gefallen lassen?

Abgesehen von den bereits angesprochenen Punkten muss bemängelt werden, dass eine geordnete Übergabe zwischen den Referenten offensichtlich nicht stattgefunden hat. Daraus lässt sich schließen, dass Parteiinteressen bzw. individuelle Karriereerwägungen vor der Wahrung kommunaler Aufgaben rangierten. Die Bürger dürfen sich erwarten, dass die Politiker verschiedener Couleurs in diesen Fragen zusammenarbeiten und ihre Sorgfaltspflicht wahrnehmen, denn dafür werden sie schließlich auch ordentlich entlohnt. Man muss es ganz offen aussprechen: Kontrolle war möglich wurde aber bei weitem nicht im notwendigen Ausmaß ausgeübt, damit liegen eklatante Mängel in der Managementkompetenz vor. So haben sich nicht nur die seinerzeitigen Stadträte Nagl und Weinmeister, sondern auch die heute zuständigen Stadträte Riedler und Ferk durch das Auftreten des Geschäftsführers der CPC blenden lassen bzw. die Ökoprofit-Veranstaltungen nur genutzt, um sich der Öffentlichkeit in gefälligem Licht zu präsentieren.

Welche Lehren sollten Ihrer Meinung nach aus der Affäre gezogen werden?

Die Politik muss in Zukunft eindeutig eine aktivere Rolle in ihrer Rolle als Eigentümerin übernehmen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Gründung einer eigenen, allen Beteiligungen der Stadt übergeordneten Holding zu erwägen. Die Diskussion darüber muss im Beteiligungsausschuss aber noch ausführlich geführt werden. Das Vieraugenprinzip sollte bei der Besetzung der Geschäftsführung durchgängig zur Anwendung kommen. Bei der Besetzung dieser Funktionen sollte man sich aber vom alten Proporzsystem lösen und auch der Opposition das Nominierungsrecht für die Aufsichtsgremien einräumen.

Schließlich sind einige Details aus der gesamten Affäre noch höchst aufklärungsbedürftig, etwa die Rolle des Herrn Dernoschegg, seine Interessen und Verquickungen in die Aktivitäten der CPC sollten durchleuchtet werden.

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