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Die Kirche mit dem Kippschalter |
Mittwoch, 8. Dezember 2010 | |
Die Grazer St. Andräkirche erstrahlt nicht nur nach außen mit frisch-fröhlichen Adler-Farben – von Künstlern gestaltete Kirchenfenster bringen wiederum neues Licht ins Kircheninnere.
Es ist vollbracht. Im Rahmen eines „Open House“ am 30. November hat Pfarrer Hermann Glettler namhafte Personen aus dem Kunstbetrieb in seine St. Andräkirche gebeten, um jene 15 Kirchenfenster, die seit 2002 nach und nach seine Kirche zieren, einem interessierten Publikum vorzustellen – vor kurzem konnte die Serie abgeschlossen werden. Und so gaben sich in einem Kirchenführungsreigen von 11 bis 17 Uhr Künstlerinnen und Theoretikerinnen die Klinke in die Hand. Markus Wilfling war der erste, der ein Fenster gestaltete – und er legte die Latte hoch: mit seiner Glastür weit oben im Fenster hat er ein ebenso klares, wie zeitloses Kunstwerk geschaffen. Nachdem nun in den letzten Jahren Altar- und Seitenfenster künstlerisch erneuert wurden, blieben am Ende die Fenster der Eingangsfassade, wo links Michael Gumhold mit Stahlfedern, rechts das KünstlerInnenduo resanita mit verschiedensten Glastellern ans Werk gingen. Das kleine und unscheinbare Fenster in der Mitte hat Valentin Ruhry zum Highlight ausgebaut – mit einem Kippschalter, der nun nachts in blass-kalter Lichtfarbe Bereitschaft signalisiert und so das Spannungsverhältnis zwischen Kirchenraum und Öffentlichkeit ausleuchtet. Universalmuseum-Joanneum-Indentant Peter Pakesch war indes voll des Lobes für Werner Reiterers Fenster – eine Bausünde auch im Titel. Reiterer hat alltägliche Elemente zu einem Repräsentationsfenster zusammengeschustert. Genau dieses Fenster braucht eine solche Serie von Neugestaltungen, erläuterte Pakesch – weil es kein schönes Fenster ist, sondern Gestaltung im Allgemeinen in Frage stellt. Reiterer tut dies mit halb herabgelassenem Rolladen, obligatem Klimaanlagenkasten und einem Kippfenster der Firma Gaulhofer – darauf noch ein Aufkleber „Jesus liebt dich.“ Kommunikation, nicht nur Fassade. Aber nicht nur die Fenster strahlen. Auch die Fassade konnte in den letzten Monaten renoviert werden. Und es wäre nicht St. Andrä, hätte Pfarrer Hermann Glettler nicht auch für die Außenhaut einen Künstler samt bemerkenswertem Konzept gefunden. Gustav Troger hat die kreativen Farbnamen der Adler-Farbkarte – ausgeführt in den verschiedensten Schriftarten und jeweils mit der bezeichneten Farbe – auf die Fassade gebracht. Wie sich das liest? Blaues Wunder, Rosinen oder Science Fiction. Nur Mut, Schafherde oder Email for you, Apostel, Skepsis oder Sonnenfinsternis. Rund 50 Begriffe hat Troger ausgewählt und so das Kircheninnere mit einem assoziativen Netzwerk umsponnen – vieles kommt dabei aus dem alltäglichen Leben. Bei allem Erstaunen, teilweise auch Entsetzen über das Werk überwiegt aber der positive Tenor darüber, dass die sonst eher erhabene Kirchenarchitektur ihre distanzierende Haltung ablegt und die PassantInnen zur Kommunikation einlädt. | Eva Pichler
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