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Herr Glock
Mittwoch, 8. Dezember 2010
Wimmlers Demontagen von Karl Wimmler Was Waffen betrifft, bin ich ein ziemlich Ahnungsloser. Dass James Bond mit einer „Walther“ schießt oder Jerry Cotton selig mit einer „Smith und Wesson“, war mir ebenso egal wie die einschlägigen Qualitäten des deutschen Panzer-Exportschlagers Leopard oder des heimischen Pandur-Panzers von Steyr. Und die Waffen von „Star Wars“ blieben mir bis heute fremd. Nur dass vor Jahrzehnten die Kanonen der Marke „Noricum“ in Österreich produziert wurden, konnte auch mir nicht verborgen bleiben, wurde darauf doch jahrelang („Skandal“) wegen Verletzung des Neutralitätsgesetzes und rechtlich problematischer Eiertänze zuständiger Politiker herumgeritten. Aber selbst dass die Kanonen in der Stadt meiner Kindheit produziert wurden, habe ich damals lange nicht mitgekriegt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass ich jahrelang keine Ahnung hatte, woher Pistolen der Marke „Glock“ kommen.

Wikipedia erzählt mir: Gaston Glock zählt zu den 100 vermögendsten Österreichern und ist dafür bekannt, Personen und Organisationen, die unter anderem seine Waffengeschäfte kritisch hinterfragen, gerichtlich zu belangen. Also will ich mich hier davor hüten. Ich hinterfrage nicht. Mangels Interesses an gerichtlichen Auseinandersetzungen. Im Gegenteil, ich beginne mit meinem Respekt vor den geistigen Fähigkeiten des Herrn Glock. Ursprünglich war der heute 81-jährige Ingenieur Erfinder, Konstrukteur und Kunststoffexperte. Und was macht man als findiger, leistungsfähiger Kunststoffexperte, wenn in der Gesellschaft nicht das zum Wohl der Menschen Nützliche und Sinnvolle gefragt ist? Man macht das, was Profit bringt. Und wenn es exorbitante Profite bringen soll, macht man in Waffen. Seit 1963 lässt er in Deutsch-Wagram, am Ostrand von Wien, produzieren. Als er Anfang der 80er Jahre durch einen Großauftrag des österreichischen Bundesheeres die anfangs als „Plastikpistole“ verhöhnte „Glock 17“ (Bundesheer-Bezeichnung: P80) entwickelt, ist der Aufstieg unaufhaltsam. (Nebenbei: Dass manche Menschen das Wort „Bundesheer“ immer im Zusammenhang mit „Operette“ gebrauchen müssen, wirkt wohl nicht nur in diesem Zusammenhang deplaziert.) Seither hat Glock nicht nur einen weiteren Stützpunkt in der Büchsenmacherstadt Ferlach/Borovlje (Kärnten) errichten lassen, sondern mit unzähligen Standorten rund um den Erdball expandiert. Z.B.: Smyrna bei Atlanta (USA), Montevideo (Uruguay), Hongkong u.a.
Aber wo die Profite exorbitant sind, lauert manchmal auch Gefahr. Zum Beispiel von „Panama-Charly“. Dieser „ehemalige Fremdenlegionär“, schrieb 2004 das „Wirtschaftsblatt“, das schon damals keine Zeitung war, „machte in Waffen, genauer gesagt, in österreichischen Glock-Pistolen.“ Der Mann mit dem bürgerlichen Namen Charles Ewert hatte „mit Kontakten ins mittelamerikanische Steuerparadies Panama Glock seit 1985 geholfen, ein internationales Firmennetzwerk aufzuziehen“. Und kam irgendwann über die vielen Millionen Dollar, die flossen, mit Glock übers Kreuz, heuerte einen Berufsboxer an, der auf Glock im Juli 1999 in einer Luxemburger Tiefgarage ein Attentat verübte. Das hinderte den Hobbyflieger Glock nicht daran, mit seiner Cessna ein Jahr später die Kärntner FP-Hautevolee mit Haider an der Spitze zu einem Moskau-Besuch zu fliegen. Was in der österreichischen Medienlandschaft damals auf kein sonderliches Interesse stieß. War doch Haider damals in dieser Landschaft grade Kult und auf jedem zweiten Titel von profil, News & Co. Der braungebrannte Bergsteiger und Bungee-Jumper wurde bekanntlich nicht nur medial gepusht, sondern auch finanziell. Angeblich auch von Glock, schreibe ich unter Verweis auf die Kleine Zeitung vom 2.8.2010. Auch diese fürchtete Glocks Klagefreude und schrieb vorsichtig: „Waffenproduzent Gaston Glock wurde auch immer wieder mit ihm (Haider) in Verbindung gebracht. Der Industrielle soll dem FPÖ-Politiker etwa mehrfach seinen Privathubschrauber zur Verfügung gestellt haben.“ (Für die verlässliche Recherche solcher Umstände haben unsere kritischen Medien vor lauter Meinungsfreiheit leider keine Ressourcen.)

Herr Glock hat aber auch ein feines Gespür für den richtigen Moment. Nach Haiders Abstecher zu Saddam Hussein kühlte sich das Verhältnis merklich ab. Das zahlte sich aus. Kaum hatten die USA dort anstelle Saddams das Sagen, konnte Glock 200.000 Pistolen nach Bagdad liefern. Zur Ausrüstung der neuen US-hörigen Polizei. Bezahlt aus beschlagnahmten Saddam-Geldern. Und so werden heute – abgesehen von den beliebten Glock-Sportwaffen (die man, wie es der Schul-Attentäter von Erfurt vorzeigte, auch anderweitig verwenden kann) – Glock-Waffen in folgenden Ländern von deren staatlichen Organen offiziell benutzt: Afghanistan, Australien, Belgien, Brasilien, Deutschland, Ecuador, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Island, Indonesien, Irak, Israel, Italien, Kanada, Lettland, Litauen, Malaysia, Niederlande, Neuseeland, Nordirland, Norwegen, Österreich, Polen, Spanien, Sri Lanka, Schweden, USA. (http:/www.worldlingo.com/ma/enwiki/de/Glock_pistol/1 ;26.10.2010)
Da kann es dann schon vorkommen, dass die Waffen ganz woanders landen. Zum Beispiel im Libanon, von dem die Frankfurter Allgemeine vor drei Jahren schrieb: „Auch die Nachfrage nach österreichischen Glock-Pistolen könne kaum noch befriedigt werden. Der Großteil des Nachschubs gelange aus dem Irak über Syrien in den Libanon:“ Dummerweise waren im Irak 125.000 Glock-Pistolen „verloren“ gegangen. Als Amnesty International vor einigen Jahren eine Glock-Waffe bei einem Darfur-Krieger nachweisen konnte und Herrn Glock um Aufklärung bat, klagte dieser die Organisation wegen Ehrenbeleidigung. 2008 verlor er den Prozess.

Wegen Verletzung des Neutralitätsgesetzes wurde Glock meines Wissens noch nie angeklagt. Was zu beweisen scheint: Es kümmert sich niemand mehr drum. Oder könnte es sein, dass Österreich nun wenigstens in dieser Hinsicht endlich so weit ist, wie rund um den Staatsvertrag von 1955 gefordert, „eine Neutralität der Art zu üben, wie sie von der Schweiz gehandhabt wird“? – Motto: Wir beliefern die Kriege der Welt?
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