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„Graz denkt“ an Schutz des Bau-Erbes
Montag, 13. September 2010
Der Abriss des mehrere hundert Jahre alten Castellhofes im Bezirk Jakomini entflammte im Sommer erneut die Frage, wie ernst Graz sein bauhistorisches Erbe nimmt. Engagierte BürgerInnen habe sich nun zu einer Plattform zusammengeschlossen, die Druck auf die Politik machen will. Die Sprecherin der Plattform „Graz denkt“ Eleonore Kratochwil zählt eine Reihe von aktuellen Projekten auf, die historische Bausubstanz vernichten oder beeinträchtigen. So stößt der von der Gemeinnützigen Bauvereinigung GmbH (einer Firma, die eng mit der WEGRAZ von Reinhard Hohenberg verflochten ist) geplante Wohnbau hinter dem Schloss Eggenberg auf besonderen Widerstand der Plattform, weil er einerseits nicht passend zu den Bauten in der Umgebung sei, andererseits werde dadurch auch die Aussicht aus dem Park beeinträchtigt. Trotzdem erstellte die Altstadtkommission ein positives Gutachten: „Das neu geplante Gebäude ergänzt mit seiner Form kontinuierlich das Erscheinungsbild des Stadtteiles. Das Gebäude ist von der Grünanlage des Schlosses Eggenberg nur bedingt einsehbar.“
Die Weltkulturerbestelle zertifizierte den Bau ebenfalls als „ortsüblich“.

Bürgerinitiativen und Denkmalschutz chancenlos gegen neue Bebauungspläne.
Auch in der Rosenberggasse ist ein Bauprojekt geplant, das auf heftige Ablehnung bei den Anrainern stößt. Das bis zu 26 Meter hohe Wohngebäude in einem Villengarten erhielt den positiven Baubescheid, obwohl die Bürger gegen das Urteil in erster Instanz Berufung eingelegt haben. Trotzdem will die Bürgerinitiative „IG lebenswertes Geidorf“, die sich in diesem Fall besonders eingesetzt hat, dies nicht auf sich beruhen lassen, sondern die Entscheidung der Berufungskommission nun gemeinsam mit einem Anwalt genauestens prüfen.
Auf einen weiteren unreflektierten Bebauungsplan ist laut dem Plattform-Mitglied und bekannten Schlossberg-Spezialisten Peter Laukhardt der Neubau neben dem Moserhofschlössl zurückzuführen. Der Abgang zur Tiefgarage, der sich direkt vor dem Renaissanceportal des Schlössls befindet, erregt ebenso den Unmut der Bürgerinitiative wie die Tatsache, dass hier ein moderner Bau unmittelbar neben dem Schlössl entsteht. Rechtlich war das deshalb möglich, weil zwar das leer stehende Schlössl, das vom ehemaligen Besitzer der Stadt Graz geschenkt wurde, damit diese es für die Allgemeinheit zugänglich macht, unter Denkmalschutz steht – nicht jedoch seine unmittelbare Umgebung.  

Stadt Graz stimmt einem „Runden Tisch“ zu. Sarah Andersson
, die als engagierte Bürgerin im Kampf gegen den Abriss des Castelhofes bekannt wurde, fordert die absolute Unabhängigkeit der Weltkulturerbestelle von anderen Behörden. Andersson: „Das ist derzeit nicht der Fall, weil Stadtbaudirektor Bertram Werle Mitglied im Team der Weltkulturerbestelle ist“.
Weiters kritisiert „Graz denkt“, dass der Titel „Weltkulturerbe“ gesetzlich keinen Schutz, sondern lediglich eine Würdigung darstelle. Oftmals würden die Anrainer auch nicht rechtzeitig über die Bauarbeiten informiert, führt Andersson weiter aus, obwohl dies in der Bauordnung so vorgeschrieben sei.
Die Bürgerinitiative „Graz denkt“ will die Bürger über Bauvorhaben informieren und deren Kritik bei den verantwortlichen Stellen vortragen und so den Druck auf die Politik erhöhen. Ein erstes Ziel wurde bereits erreicht, denn nach wiederholten Anfragen bei der Stadt Graz wurde nun einem Runden Tisch am 14. Oktober zugestimmt. Dort werden neben Bürgermeister Siegfried Nagl auch Vertreter der Stadtbaudirektion, des Denkmalschutzes und der Altstadtschutzkomission anwesend sein.
| Magdalena Zingl
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