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Konfliktzone Denkmalpflege und Klimaschutz |
Montag, 19. Juli 2010 | |
Die internationale Konferenz „Denkmalpflege – Architektur – Energieoptimierung“ (veranstaltet vom Internationalen Städteforum Graz) Mitte Juni an der TU Graz befasste mit den Potenzialen und Problemzonen bei der Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden. Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz diskutierten auf der ISG-Tagung über gesetzliche Grundlagen sowie mehr oder weniger gelungene Beispiele.
Auf die besonderen Eigenschaften historischer Bauwerke aufgrund ihrer massiven Mauern wies Johannes Sima (BDA Wien) hin: „Sie können Temperaturschwankungen wegen der großen Speicherkapzität ihres Mauerwerks in idealer Weise ausgleichen.“ Sima betonte, dass man „die vorhandene Effizienz bestmöglich nutzen müsse“, indem man sich auf die Vorteile des Speichervermögens durch die Substanz konzentriert und erst danach Innendämmung oder Bauteilheizung ins Auge fasst. Eine sorgfältige Evaluierung sei daher vor massiven Eingriffen unbedingt erforderlich, um irreperable Schäden an den Gebäuden zu vermeiden. Über die Praxis in der Schweiz berichtete Niklaus Ledergerber: „Der Druck auf die Altbauten hat in der Schweiz in den letzten Jahren zugenommen, inzwischen regen sich Zweifel.“ Ihm geht es um den Erhalt von Ortsbildern in den Alpentälern, die hohen kulturhistorischen Wert haben. Hier sind, so Ledergerber, auf jeden Fall Kompromisse sinnvoll, ebenso wie Zuschüsse für Dämmlösungen, „denn Denkmalschutz ist nicht umsonst zu haben“. Dämmungshysterie zerstört Fassaden. Noch schärfer formulierte der deutsche Denkmalpfleger Holger Rescher seine Kritik: „In Deutschland herrscht derzeit eine regelrechte Dämmungshysterie, dabei sollte man die Relationen nicht aus den Augen verlieren.“ Bei einem angenommenen Bestand von etwa 2 bis 3 Prozent an denkmalgeschützten Gebäuden am Gesamtbauvolumen und einem Drittel des Energieaufwandes für Gebäudwärme könne man von einem Anteil von maximal einem Prozent Einsparungspotanzial ausgehen. Als Beispiel für Bausünden im Denkmalbereich zeigte Rescher ein saniertes Mühlengebäude bei Erfurt, das nur mehr in seinen Proportionen Ähnlichkeiten mit dem Original zeigt. Aber auch bei nicht geschützten Wohnhäusern zeichnet sich eine besorgniserregende Entwicklung ab, etwa bei den Siedlungsbauten norddeutscher Städte in typischer Backsteinbauweise. Diese werden von Montagetrupps mit Dämmplatten verkleidet, auf die dann eine Art „Backsteintapete“ aufgeklebt wird, auch andere Elemente wie Türen und Fenster werden einfach durch Massenware ersetzt. Entwicklung von Pilotprojekten. Über aktuelle Grazer Renovierungsvorhaben, die im Rahmen des „denkMALaktiv-Projekts“ durchgeführt werden, sprach Wolfgang Götzhaber (Stadt Graz, Umweltamt). Das vom Klima- und Energiefonds des Bundes mit 1,1 Millionen Euro geförderte Forschungsprojekt „denkMALaktiv“ ermöglicht nicht nur die Grundlagenforschung auf diesem Spezialgebiet, sondern auch die Entwicklung von konkreten Beispielen, etwa dem „Netto-Null-Emissions-Haus“ im Pilotprojekt des Grazer Franziskanerklosters. Mehrere Beispiele zur sensiblen Sanierung historischer Gebäude wurden von den Konferenzteilnehmern am folgenden Tag in Graz besichtigt. | Josef Schiffer
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