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„Wir reparieren keine Kinder“ |
Archiv - KORSO Sozial FORUM - Schwerpunkt: Jugend | |
Freitag, 28. April 2006 | |
Seit 1991 wird in der Steiermark Erziehungshilfe angeboten. Ungefähr 500 Jugendliche zwischen acht und 21 werden derzeit von ErziehungshelferInnen betreut. Was diese Form der Betreuung bewirkt verriet die neue ARGE Erziehungshilfe Obfrau Dunja Haider-Aichinger im Gespräch mit Manuela Palmar für KORSO.
Welche Probleme haben die Jugendlichen mit denen Sie arbeiten? Das ist ganz unterschiedlich, manche sind hyperaktiv, manche sind drogensüchtig, manche haben eine Krankheit und wir begleiten sie durch diese schwere Zeit. Zum Teil leiden die Eltern an einer psychischen Erkrankung oder die Jugendlichen sind magersüchtig oder gewalttätig. Wie werden die Jugendlichen dem/r ErziehungshelferIn zugeteilt? Normalerweise melden Lehrer oder Nachbarn die Jugendlichen bei dem/r zuständigen SprengelsozialarbeiterIn. Der oder die SozialarbeiterIn regen dann Erziehungshilfe an. Die SozialarbeiterInnen sprechen mit den Eltern und holen die Zustimmung ein, nur mit deren Zustimmung ist Erziehungshilfe auch sinnvoll. Danach nehmen wir Kontakt auf. Beim Erstgespräch sind die Eltern, der oder die zuständige SozialarbeiterIn, der Jugendliche und der oder die ErziehungshelferIn anwesend. In diesem Gespräch werden Ziele formuliert, die zu erreichen sind. Viele Eltern gehen davon aus, dass wir ihre Kinder reparieren und sie dann wieder zurückbringen. Aber so funktioniert das nicht. Wir reparieren keine Kinder. Nehmen die Jugendlichen die Betreuung an? Ich würde sagen zu 98 Prozent ja, zwei Prozent sind abwartend; ablehnend ist kaum ein Jugendlicher eingestellt. Wie lange sind die Jugendlichen im Durchschnitt einem/r ErziehungshelferIn zugeteilt? Im Schnitt so zwei bis zweieinhalb Jahre. Die meisten Verträge gehen über ein Jahr und werden im Normalfall danach verlängert. Nach einem Jahr muss man sich dann natürlich fragen, welche Ziele wurden erreicht, welche Ziele gibt’s noch zu erreichen, ist Unterstützung überhaupt noch nötig? Wie oft sind die Jugendlichen im Schnitt bei Ihnen? So zwischen 15 und 20 Stunden monatlich. Ich treffe mich entweder ein- oder zweimal die Woche mit meinen Jugendlichen. Wie sie es lieber haben. Was passiert in dieser Zeitspanne? Wir verbringen intensiv Zeit mit den Jugendlichen. Wir machen Sport oder treffen uns auch in einem Café. In diesem Bereich haben wir auch mit Vorurteilen zu kämpfen. Da heißt es dann: „Das kann jeder!". Aber das stimmt natürlich nicht. Wenn ich mit einem Jugendlichen ins Schwimmbad gehe, ist da eine bestimmte Methode dahinter. Ich beobachte das Verhalten des Jugendlichen in der Situation, den Umgang den er mit anderen Jugendlichen pflegt, ob er mit Gewalt reagiert etc. Und dann reden wir darüber und er weiß: Ich schreie nicht, ich rede und ich mag ihn trotz seinem Verhalten. Was ist das Wesentlichste für diesen Beruf? In erster Linie die Qualität und die Parteilichkeit. Man muss wirklich für den Jugendlichen da sein. Vor zwei Wochen wurde das neue Berufsbild definiert. Wie wird man ErziehungshelferIn? Was sind die Voraussetzungen? Voraussetzung ist eine einschlägige Ausbildung als SozialarbeiterIn, Psychologe/In oder Pädagoge/In. Dann muss man eine zweijährige Berufspraxis im Jugendbereich vorweisen. Bis vor einem Jahr wurde man außerdem von einer Psychologin des Landes „anerkannt". Diese „Anerkennung" ist aber gefallen. Was die Sache für NeueinsteigerInnen meiner Meinung nach ein wenig schwieriger macht. Jetzt greifen die Bezirkshauptmannschaften eher auf die „alten" ErziehungshelferInnen zurück anstatt neue zu berufen, weil die kennen sie schon und wissen, dass sie qualifiziert sind, früher wurde man einfach von einer Person für gut befunden. Das war besser als nichts. Ich würde mir wünschen, dass dieses Anerkennungsprozedere wieder eingeführt wird, vielleicht auch, damit mehr Objektivität gewährleistet ist, vor einem größeren Gremium.
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