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Südafrika: „Black Empowerment“ durch Genossenschaften
Sonntag, 16. Mai 2010
Beauty Ntombizodwa Zibula ist Vizepräsidentin und Genderbeauftragte der Textilgewerkschaft SACTWU (Southern African Clothing and Textile Workers Union), deren Mitgliedschaft zu 66% aus Frauen besteht.
Schon als Abendschülerin – sie hatte ihre Ausbildung abbrechen müssen, weil ihr Vater die Familie verlassen hatte, und Jobs als Reinigungskraft und Serviererin angenommen – organisierte sie einen Anti-Apartheid-Streik in ihrer Schule. Als Repräsentantin einer Betriebsgewerkschaft war sie 1989 an der Gründung der SACTWU beteiligt. Aufgrund tragischer privater Erfahrungen – ihre Tochter starb an HIV, ihre Enkelin ist ebenfalls infiziert – begann sie auch das Gesundheitsprogramm der Gewerkschaft mit zu gestalten. Beauty  Ntombizodwa Zibula weilte Ende April auf Einladung des Vereins Südwind in Österreich. Mit der Gewerkschafterin und ANC-Aktivistin  führte Christian Stenner das folgende Gespräch. Was sind die Folgen der globalen Krise für Südafrika und im Besonderen für Ihre Branche, die Textilindustrie?
Sehr viele unserer Mitglieder haben ihre Arbeit verloren, es gab viele Unternehmensschließungen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Menschen wegen der wirtschaftlichen Situation weniger Geld haben, Kleidung zu kaufen.

Es heißt, dass auch die Konkurrenz durch asiatische Produkte einen  Grund für den Niedergang der südafrikanischen Textilindustrie darstellt.
Ja, das ist richtig. Unsere Arbeitgeber gehen nach China, Bangladesh und Malaysia – in jene Länder, wo sie am meisten Profit machen können. Die Arbeitskräfte in Südafrika sind ihnen zu teuer.

Die Industrie ist zum größten Teil noch immer in der Hand der Weißen.
Ja, es gibt Versuche, da gesetzlich einzugreifen – man versucht jetzt aber auch stärker auf die Gründung von Genossenschaften zu setzen, Arbeiter, die in der Textilindustrie gearbeitet haben, werden dabei unterstützt, solche Kooperativen zu gründen. Sie haben so lange in dieser Branche gearbeitet und kennen sich im Betrieb aus – warum sollten sie dann nicht in der Lage sein, gemeinsam ein Unternehmen zu führen?

Von wem geht die Initiative für die Gründung solcher Genossenschaften aus?
Von der Regierung. Ibrahim Patel, ein ehemaliger Gewerkschaftsführer der Textilarbeitergewerkschaft, ist nun Minister für ökonomische Entwicklung, er hat gerade das Budget für diese Kooperativen freigegeben. Wir denken, dass Schwarze und Inder im genossenschaftlichen Sektor bessere Chancen haben. Kooperativen gibt es natürlich nicht nur in der Textilindustrie, sondern in allen Sektoren, z.B. auch im Stahlsektor, die haben ja die gleichen Problem wie wir.

Warum war das Gleichstellungsprogramm, das so genannte Black Economic Empowerment, im privaten Unternehmenssektor bis jetzt nicht besonders erfolgreich?
Die Arbeitgeber wollen nichts an der aktuellen Situation ändern, sie stecken voller Vorurteile. Und sie merken nicht, dass die Gleichstellung fürs ganze Land nützlich wäre, sie sind es, die den Erfolg der Gleichstellungspolitik verhindern. Wir GewerkschafterInnen drängen jedenfalls die Regierung, in diesem Bereich noch aktiver zu werden.

Wie sieht es mit der Situation der Frauen aus? Man hört immer wieder, dass auch die Gewalt gegen Frauen eher zu- als abnimmt.
Die jüngsten Entwicklungen gehen zum Glück in eine andere Richtung. Wir haben einen neuen zuständigen Minister, und wir sehen an den Statistiken, dass die Gewalt gegen Frauen langsam zurückzugehen beginnt, auch die Gewalttaten generell zurückgehen. Das hängt einerseits damit zusammen, dass hier eine neue Politik gemacht wird – und natürlich auch damit, dass uns die anderen Länder im Umfeld der Fußballweltmeisterschaft besonders auffordern gegen Gewalt tätig zu werden.

Was macht die Gewerkschaft selbst in der Frauenfrage?
Wir partizipieren zur Gänze an den diesbezüglichen Aktivitäten des Gewerkschaftsdachverbandes COSATU. Gerade die Textilindustrie beschäftigt ja eine Menge Frauen, die kommen jetzt auch in der Gewerkschaft in höhere Positionen. Früher waren es nur Männer. Jetzt gibt es auch weibliche Gewerkschaftsführerinnen, ich bin ja selbst eine von ihnen. Allerdings sind es noch immer unter 50%. Auch die Gewerkschaftsangestellten waren früher ein reiner Männerchor, das ist jetzt anders.
COSATU überwacht, wie die einzelnen Gewerkschaften diese Politik umsetzen. Morgen wird z.B. eine landesweite Konferenz stattfinden, auf der die Genderfrage diskutiert werden wird. Da wird eine Resolution verabschiedet werden – und niemand wird dagegen auftreten, so wie dies früher oft der Fall war.
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