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Eine Geschichte, die man ernst nehmen kann
Sonntag, 16. Mai 2010
„Paradise now“, der Film des palästinensisch-niederländischen Regisseurs Hany Abu-Assad, der 2004 im Westjordanland gedreht wurde, 2005 weltweit in den Kinos lief und sogar mit dem Oscar nominiert wurde, erzählt die Geschichte zweier junger palästinensischer Selbstmordattentäter. Von theatralisch angelegten Filmszenen inspiriert, adaptierte Konradin Kunze vom Jungen Schauspielhaus Hamburg das Filmskript für die Bühne. Daniel Doujenis, freiberuflicher Schauspieler und Regisseur, inszeniert „Paradise now“ nun im Next Liberty in Graz, wo am 29. Mai die Premiere stattfinden wird. Doris Wilfinger von KORSO sprach mit Daniel Doujenis. Herr Doujenis, mit welcher Motivation sind Sie an die Regiearbeit für„Paradise now“ herangegangen und wie fanden Sie Zugang zum brisanten Inhalt?
Es ist ein Thema, das mich sehr interessiert, weil es die Protagonisten in extremen Situationen zeigt, und so auch extreme Fragen aufwirft. Es regt dazu an, zu reflektieren, wie es dazu kommen kann, dass sich solch extreme Haltungen dem Leben und dem Tod gegenüber manifestieren, was das Leben bedeutet und was es eigentlich in unserer Gesellschaft wert ist.   

Sich in die Köpfe der Selbstmordattentäter hineinzuversetzen ist wahrscheinlich eine der größten Herausforderungen für Regisseur und Schauspieler…?
Als Schauspieler berichtet man mit seinem Körper und seiner Sprache über andere Menschen und andere Leben. Wenn man das tut, sollte man auch wissen, wovon man spricht. Bevor man das nicht weiß, sollte man nicht handeln. Das finde ich generell eine gute Ausgangsbasis und für Schauspieler besonders wichtig – er muss im Moment des Handelns schöpferisch tätig sein und eine Beziehung zu dem, was er darstellt, haben. Darum ist es selbstverständlicher Teil der Aufgabe, sich hineinzufühlen, hineinzudenken, Zusammenhänge zu verstehen, Alternativen zu überlegen.

War die Auswahl der Schauspieler für dieses Stück ein Prozess oder war von Anfang an klar, wer welche Rolle spielen wird?
Das ist natürlich ein Prozess. Ich finde es gut, aus dem Ensemble heraus zu besetzen und ich hatte das Glück, die KollegInnen am Next Liberty schon in der letzten Saison bei „Andorra“ kennenzulernen. Das Ensemble des Next Liberty ist nicht groß, da muss man die richtige Konstellation finden und den Schauspielern die unterschiedlichsten Rollen zutrauen. Ich bin zufrieden mit der Besetzung und glaube, dass man bei einigen Schauspielern Dinge entdecken wird, die man bis jetzt noch nicht gesehen hat und auf die man sich freuen kann.

Gibt es etwas im Stück, das Sie speziell dem jungen Publikum vermitteln möchten?
Ich baue auf die Geschichte, die man ernst nehmen kann. Es ist eine spannende Geschichte, ein Krimi geradezu, es geht um Religion, um politisch instrumentalisierten und finanzierten Selbstmord und um den Märtyrertod im Namen Allahs (istishhad). Die Pervertierung von Leben und im Gegenzug der Respekt vor dem Tod bzw. die Liebe zum Tod, das alles regt zum Nachdenken über die Werte in unserer Gesellschaft an. Es wird nicht Partei ergriffen oder ein Vorbild gezeigt, das man nachahmen soll, wir liefern eine Diskussionsgrundlage

Wie geht es nach „Paradise now“ weiter? Werden Sie in Zukunft mehr als Schauspieler oder als Regisseur tätig sein?
Ich suche immer nach Möglichkeiten, etwas zu machen, was ich der Gesellschaft geben kann. Das griechische Wort für Schauspieler bedeutet auf Deutsch Ethosmacher, ein Schauspieler ist also jemand, der Ethos verkörpert und weitergibt. Und das versuche ich auf verschiedenen Wegen als verantwortlicher Mensch auch umzusetzen. Ich möchte unbedingt selber spielen, ich brauche das. Ich brauche diese Möglichkeit, mit Körper und Emotionen zu leben. Und vielleicht schaffe ich es, Schauspiel und Regie zu verbinden, das wäre ideal.  

„Paradise now“, Premiere am 29. Mai, 19.00 Uhr im Next Liberty. Weitere Termine: 8., (19.00), 9. (10.30), 17. (19.00), 18. (10.30+19.00), 24. (19.00), 25. (10.30+19.00) Juni
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