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„Wählt grün, die SPÖ ist zu sehr im Umfallen geübt“
Sonntag, 16. Mai 2010
Die Entscheidung des Kabarettisten Jörg-Martin Willnauer, seine Spitzenkandidatur für die Grünen zurückzulegen, nachdem er KORSO noch ein ausführliches Interview gewährt hatte, in dem er die Beweggründe für sein Antreten schilderte, hat nicht nur uns einigermaßen  überrascht. Um unseren LeserInnen eine bessere Orientierung zu bieten, bringen wir in dieser Ausgabe ein – kürzeres – Gespräch mit dem neu gewählten Spitzenkandidaten NAbg. Werner Kogler, Volkswirt und derzeit noch Budget-, Finanz- und Rechnungshofsprecher des Grünen Klubs und Vorsitzender des Rechnungshofausschusses des Nationalrats.

Sie mussten ziemlich überraschend für Jörg-Martin Willnauer einspringen, der aus heiterem Himmel seine Kandidatur zurückgezogen hat – wie fühlt man sich da? Und: Sie haben angekündigt, den Job in der Steiermark nur dann zu machen, wenn das Wahlergebnis entsprechend gut ausfällt ...
Ich mach das jetzt mit voller Lust und Leidenschaft, der Wahlkampf macht mir Spaß. Wenn wir Mandate gewinnen – und die Chancen auf einen Zugewinn sind intakt –  und ein bestimmender Faktor werden, dann bleibe ich und werde Klubobmann. Es hängt aber nicht daran, ob wir so stark werden, dass wir in die Regierung einziehen. Wir treten jedenfalls an, um dazuzugewinnen, und das werden wir auch schaffen.

Ihre Kandidatur entspricht jedenfalls den aktuellen Anforderungen … die Kompetenz von Ökonomen ist jetzt nämlich zweifellos gefragt.
Ja, und das ist auch ein Schwerpunkt meines Wahlkampfes. Verteilungsfragen, die größtenteils auf Bundesebene entschieden werden, spielen jedenfalls wegen des Finanzausgleichs eine wichtige Rolle auch für Länder und Gemeinden. Darum sind wir zum Beispiel dafür, vermögensbezogene Steuern wieder einzuführen und auszubauen, weil das  der Schlüssel dafür ist,dass die Finanzierungsbass für die öffentlichen Hände ohne Einschnitte an der falschen Stelle gesichert werden kann. Die Grünen sind die einzige Partei, die offen erklärt, dass eine Budgetsanierung ohne Steuererhöhungen nicht möglich ist – die Frage ist nur, wer zahlt, die Massen oder jene, wo etwas zu holen ist und deren Belastung Wachstum und Beschäftigung nicht negativ beinflusst – wir sehen ja am Reisetagebuch von Karlheinz Grasser, wo und wie Wohlhabende überschüssige Mittel auszugeben pflegen.

Vermögensbezogene Steuern werden  mit dem Argument bekämpft, damit kämen gar keine nennenswerten Summen in den Staatssäckel.
Das halte ich für völlig falsch, weil das eine Frage der Bemessungsgrundlage ist. Wenn wir wissen, dass in Österreich die obersten 10% weit über zwei Drittel des Vermögens besitzen, dann kommen hier ohne soziale Verwerfungen Milliarden herein. Unser Vermögenssteuervorschlag bringt – ohne die klassische Vermögenssteuer auf die Substanz – drei Milliarden: Eine Milliarde die Abschaffung von Stiftungsprivilegien, eine Milliarde – da hat die Sozialdemokratie kläglich versagt – durch die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, ohne den Häuslbauer zu tangieren, also bei einer Freigrenze von 350.000 Euro. Die dritte Milliarde soll aus Vermögenszuwachssteuern kommen, durch die Abschaffung aller Spekulationsfristen, auch bei Immobilien, durch die Besteuerung des 13. und 14. Monat sgehaltes bei Einkommen über 130.000 Euro im Jahr und durch eine Regelung, wonach Einkommensteile von Managern, die das Gehalt des Bundeskanzlers überschreiten, für den Arbeitgeber nicht mehr absetzbar sein. All dies ließe sich rasch umsetzen.
Im Gegenzug könnten dann, sobald die Budgetlage es erlaubt, Lohnsteuern gesenkt und Transferleistungen ausgebaut werden.
In Wirklichkeit haben wir ja nur die Alternative, diese Maßnahmen umzusetzen oder auf eine Inflation zu hoffen, sonst erreichen die Zinszahlungen für die Staatsschuld in Kürze die Höhe des gesamten Bildungsbudgets.

Steht die steirische Partei in diesen Fragen hinter Ihnen?
Natürlich, Verteilungsfragen sind ein Kernanliegen der Grünen, ohne einen Mindestzusammenhalt in der Gesellschaft sind die ökologischen Ziele auch nicht erreich- und vermittelbar.  Wenn jemand am Existenzminimum dahinlebt, wird er für ökologische Fragen nicht mobilisierbar sein. Und natürlich gehen diese Vorstellungen Hand in Hand mit der Schaffung grüner Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen.

Ihre Vorstellungen decken sich in einigen Punkten mit jenen von LH Franz Voves – tut sich hier eine Achse auf?
Voves hat jedenfalls richtig erkannt, dass diese Fragen, die auch die Steiermark stark betreffen, nur in einem übergeordneten Zusammenhang zu lösen sind. Aber die Sozialdemokratie tut gar nichts dazu, die ÖVP in diesen Fragen wenigstens in einen großzügigen Kompromiss zu zwingen. Daher auch mein Angebot an Voves, ab jetzt in diesen Fragen gemeinsam zu marschieren.

Ist das gleichzeitig ein Koalitionsangebot?
Ich würde sicherlich nicht bedingungslos Voves wählen. Und unsere Botschaft an die WählerInnen, für die gerechte Verteilung ein Wert ist, lautet: Wählt Grün, die Sozialdemokratie ist allzu sehr im Umfallen geübt. Es wäre sicherlich spannend, mit der Sozialdemokratie einen Pakt zur sozialen Absicherung zu verhandeln, mit der ÖVP wird so etwas schwerer möglich sein. Aber: Wenn sich eine schwarz-grüne Mehrheit ausginge, würden wir natürlich auch darum kämpfen, unsere Vorstellungen umzusetzen – auch da gäbe es ein Verhandlungsangebot.

 


Mag. Werner Kogler, geb. 1961 in Hartberg, studierte Volkswirtschaftslehre in Graz, war Gemeinderat der Stadt Graz, ist seit 1999 steirischer Nationalratsabgeordneter und seit 2005 Landessprecher der steirischen Grünen.

 

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