Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Kindlicher Kosmos
Dienstag, 13. April 2010
Die Kindheit als Ursprung künstlerischen Schaffens ist vermutlich nichts Neues, aber wie substanziell dieser Lebensabschnitt Michael Schrattenthaler beschäftigt, hat etwas Erfrischendes. Loslösung und Abkapselung ade. Bodensatz dieser Verehrung der ersten und sehr persönlichen Umwelt ist tatsächlich ein Holzboden. Einst in der väterlichen Werkstatt unbewusst in die Bearbeitung miteinbezogen und von Spuren des Heim- und Handwerkens übersät, erfährt er in der Ausstellung eine Umdeutung in Richtung bürgerliches Parkett, zerpflückt das künstlich aufgelegte Fischgrät die Spuren und setzt sie nach Jahren des Gebrauchs neu zusammen. Freilich gut lackiert und konserviert. An der Wand und über die Ecke bezeugen filigrane Baumhäuser, aufwändig zu Favelastrukturen arrangiert, die ererbte Bastlernatur des Sohnes.

Ein Heimkommen in abgenützte Architekturen. Intensive Beschäftigung über Jahre sichtbar machen: Damit könnte man Michael Schrattenthalers Ansatz im Weiteren überschreiben. Hinsichtlich einer Ästhetik der „Gebrauchsverletzungen“. Viele seiner Projekte konfrontieren im Architektonischen das Alte, Abgewohnte mit Partien einer künstlerischen  Renovierung. Die weiße Perfektion wird dabei dem schmuddelig Überkommenen mitten hineingesetzt. Der gründlichen Auseinandersetzung durch Bewohnen entgegen. Auch die von der ständigen Benutzung zerriebenen Spielzeugautos aus der kindlichen Sammlung erfahren als Fotoserie erstmals neutrale Dingbetrachtung.
Eine einfache, raue Holzhütte rundet diesen individuellen Erinnerungsbogen der Ausstellung ab. Drinnen kocht und brodelt es. Schließlich gehört auch das gute Essen zum Heimkommen. Und wenn die vier Türen sich gleichzeitig öffnen, wird deutlich, dass es sich bei Schrattenthalers Heimatbegriff mehr um eine stets offene Basis als um eine Endstation der Sehnsüchte handelt.
| ep

Bis 18. April – Neue Galerie/ Studio
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