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Diagonale Nachbilder
Dienstag, 13. April 2010
Intendantin Barbara Pichlers Eröffnungsrede war kurz und unsentimental, sie hat ihr Festival gut im Griff, Organisation und Repräsentation lassen nichts zu wünschen übrig. Das heißt: fast nichts… Der Eröffnungsfilm, diesmal Robert Adrian Pejos „Der Kameramörder“ nach dem gleichnamigen Buch von Thomas Glavinic war wieder einer der halb gelungenen Versuche zum Repräsentativen. Die Regel dafür – Uraufführung einer repräsentativen, österreichischen Produktion – ist schwer zu erfüllen. Was wirklich repräsentativ ist, lief schon woanders oder wird zurückgehalten. Warum nicht aus der Schwäche eine Stärke machen, die Regel erweitern, Experimentelles oder kurze Dokumentationen zeigen (ohne den großen Film auszuschließen)? Niemand ist traurig, wenn eine Filmvorführung mal kürzer ausfällt.

Bonbonfarbene Fröhlichkeitsattacke. Das Programm 2010 wirkte angenehm entrümpelt. Die Filme des Gastes Romuald Karmakar verdienen Aufmerksamkeit, die Personale des Dokumentarfilmers Peter Schneider war eine kleine Sensation. Enttäuschend waren die Filme von Pipilotti Rist und Shirin Neshat aus der Reihe Spektrum. Zwei zu Recht berühmte Künstlerinnen, an sich eine schöne Idee. Aber „Pepperminta“ von Rist war eine bonbonfarbene Pipi-Langstrumpf- Feminismus- Fröhlichkeitsattacke, Shirin Neshats „Women without Men“ eine technisch wunderbare, nur leider allzu pompöse Allegorie über Frauen und Politik“ im Iran der frühen Fünfzigerjahre.

Viele Preise, noch mehr Filme? „Hana, dul, sed…“  von Brigitte Weich und Karin Macher, der Gewinner des Dokumentarfilmpreises war vor allem im ersten Teil reines Kino, die jungen nordkoreanischen Fußballerinnen zeigten bei ihrem Aufstieg pure Energie. Wunderbare Kameraarbeit, wunderbarer Schnitt, wunderbare Musik, kluger Umgang mit dem politisch besetzten Thema.
Das sympathische „La Pavellina“ von Tizza Covi und Rainer Frimmel gewann verdient den großen Diagonalepreis. Der Film erzählt eine pointenlose Geschichte: Zirkusleute bekommen ein kleines Mädchen einfach überantwortet und versorgen es liebevoll, bis die unbekannte Mutter nach ein paar Monaten wieder auftaucht. Jessica Hausners gewichtigeres „Lourdes“ (für das sie den Drehbuchpreise bekam) wäre als Sieger vielleicht „repräsentativer“ gewesen. Der Film erzählt von einem Wunder, bei dem offen bleibt, ob es auch hält. Nicht unbedingt der Stoff, aus dem die Kinoträume sind, aber die Schauspielerin Sylvie Testud als Geheilte erfüllt die Geschichte mit einer schönen, absichtslosen Heiterkeit.
Viele, beinah zu viele Preise, und da manche geteilt werden, noch mehr Preisträger. Da droht allerdings wieder eine neue Unübersichtlichkeit. Und sonst? Noch mehr Filme. Die Intendantin hätte deshalb auch gern eine längere Festivaldauer.
| Willi Hengstler
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