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Das Perry-Rhodan- Tribunal |
Dienstag, 13. April 2010 | |
Kopfzeile von Martin Novak
Danke, die Einladung, der Facebook-Gruppe „Solidarität mit Ed Moschitz“ beizutreten, habe ich ignoriert. Verfolgte Journalisten in Kirgisistan und AsylwerberInnen, die den Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Rechtsprechung in Österreich erfahren müssen, verdienen meine Solidarität (ob sie ihnen hilft, ist eine andere Frage). Eduard Moschitz ist nicht Opfer einer übermächtigen Staatsmacht, er wurde nur von einem Nebendarsteller seines Feature über junge Skinheads heftig kritisiert und von seinem Arbeitgeber ORF angemessen verteidigt. Für eine noch zu gründende Gruppe „Dank an Heinz-Christian Strache für den unbeabsichtigten Beitrag zur Medienerziehung“ könnte ich mich eventuell erwärmen. Durch die vom DSHP-(„Die soziale Heimatpartei“) Parteiobmann ausgelöste Debatte haben wir ja vieles gelernt: Wir wissen, dass es einen substanziellen Unterschied gibt zwischen der individuellen Verantwortung eines „Reporters“ (Moschitz) für seinen Beitrag und der strukturellen Verantwortung von Redakteurinnen und Redakteuren. Wir haben gelernt, dass ein TV-Feature von einer halben Stunde nicht in Echtzeit abgedreht wird, sondern das Exzerpt aus sehr viel, über einen ziemlich langen Zeitraum produziertem „Material“ ist. Wir können jetzt sagen, dass die beiden Sätze von Robert Menasse, „Ich bin kein Journalist. Ich muss keine Ausgewogenheit vortäuschen“ (aus einem in der Kleinen Zeitung veröffentlichten EU-Text) zwar jeweils richtig sind, es aber keinen notwendigen, kausalen Zusammenhang zwischen Journalistsein und Objektivität gibt. Das ist nicht böse gemeint: Es gibt journalistische Darstellungsformen, die Subjektivität geradezu erfordern. Der Schriftsteller Alfred Andersch, der auch als Rundfunkredakteur tätig war, hat das Feature als „Montage-Kunst“ bezeichnet. Von Kunst Ausgewogenheit zu verlangen, ist ja wohl absurd. Absurd ist aber auch der Verlauf des Verhandlungsprozesses. Auf das Zeit-Paradoxon, wie es in Perry-Rhodan-Romanen gerne thematisiert wird, hat der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) hingewiesen: „Wesentlich für die Beurteilung der Arbeit von Journalisten kann nur das fertige Produkt sein.“ Im gegenständlichen Fall wurde das Ergebnis der Arbeit erst gesendet, als die Beurteilung schon längst im Gang war. Vermutlich verursachte die Beurteilung des Entstehungsprozesses sogar eine starke Rückkopplung auf das Resultat. Spürbar wird wieder einmal der Mangel operativ wahrnehmbarer einschlägiger Gremien. Die seit zwei Jahren existierende Leseranwaltschaft wäre sowieso nur für Printmedien zuständig und hat nie eine Entscheidung getroffen. Der seit Jahren in Agonie liegende Presserat ist erst im Stadium der Wiedergeburt. Die Gründung eines Medienrats im Vorjahr ist ebenfalls weitgehend unbemerkt geblieben, obwohl der ÖJC als Initiator den einen oder anderen Medienkontakt haben sollte: „Ich wünsche mir natürlich nicht, dass der Medienrat 2010 öfter in Erscheinung tritt. Das hieße nämlich, ich wünschte mir heftige Verstöße in den Medien, und die wünsche ich mir keinesfalls“, sagt jedenfalls Medienratssprecher Albert Malli, im Brotberuf stellvertretender Ö3-Senderchef, laut Medienjournal. Damit meint er aber wohl nicht, dass Club 2, in der Kronezeitung geschaltete FPÖ-Inserate, diverse Medienkolumnen und der ORF-Publikumsrat die idealen Formate sind, um mögliche Verstöße gegen die Medienethik zu verhandeln.
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