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Homophobie bleibt ein Problem |
Mittwoch, 10. März 2010 | |
Homosexuelle haben in Österreich nach wie vor mit Diskriminierung und Ausgrenzung zu kämpfen. Die Grazer Beratungsstelle Courage bemüht sich seit September 2009 um Information und Beratung von homo- und bisexuellen Männern und Frauen, TransGender-Personen und deren Angehörigen; ob sie ihre Arbeit weiterführen kann, bleibt ungewiss.
Vorurteile haben Folgen. „Homo- und Bisexualität sind gleichwertige Ausdrucksformen der einen vielgestaltigen menschlichen Sexualität“, so Mag. Johannes Wahala, Leiter der Beratungsstellen Courage in Wien, Graz und Innsbruck. Antihomosexuelle Einstellungen wie „Schwule sind eklig, triebhaft und nicht beziehungsfähig!“ oder „Lesben sind aggressive Mann-Weiber!“, sind Vorurteile und verzerren die Wirklichkeit. Sie begleiten uns von Kindesbeinen an und sind verantwortlich für tief greifende Traumata bei den Betroffenen: Gefühle von Angst, Verwirrung, Einsamkeit, Heimatlosigkeit und Fremd-Sein in der eigenen Familie sind die Symptome. In der Folge ist es für Betroffene sehr schwierig, sich über die eigene sexuelle Orientierung bewusst zu werden und sie zu akzeptieren. Schließlich ist der Weg zum Outing ein langwieriger, schmerzhafter und von massiven Ängsten begleiteter Prozess. Jette Musger, Koordinatorin von Courage Graz, berichtet von ihrer Beratungserfahrung: „Durch diese destruktiven Wirkfaktoren wird die Lebensrealität von Lesben und Schwulen nach wie vor von psychischen und sozialen Belastungen überschattet.“ Beratung in Graz. Der Bedarf an aufklärerischen Maßnahmen ist in der Steiermark sehr hoch und wurde durch die Möglichkeit der „Eingetragenen Partnerschaft“, die es seit 1.1. gibt, noch deutlich erhöht: „Im Zeitraum von September bis Dezember 2009 haben 37 KlientInnen (16 Männer, 21 Frauen) mit uns Kontakt aufgenommen“, so Musger. Ebenfalls fanden in diesen Zeitraum 134 Beratungsgespräche – telefonisch oder im Beratungsraum – statt. Die KlientInnen kommen nicht nur aus dem Raum Graz (54%), sondern auch aus Kärnten (13,5%) und den steirischen Regionen. Die MitarbeiterInnen versuchen dabei professionell als PartnerInnen-, Familien- und Sexualberatungsstelle Lösungen zu erarbeiten und Hilfestellung zu geben. Dies ist in Form von Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppenberatung kostenlos und anonym möglich. Hohe Suizidrate. Konflikte mit der Familie und Umwelt nach dem Outing sind das häufigste Problem der Hilfesuchenden. Laut einer Studie der Universität Salzburg aus dem Jahr 2004 liegt die Suizidversuchsrate von Homosexuellen fast sieben mal höher als bei Heterosexuellen. Beinahe jeder dritte Suizidversuch in Österreich wird von einem gleichgeschlechtlich orientierten Menschen begangen. Dabei werden über 90% aller Suizidversuche im Alter von 15 bis 17 Jahren getätigt, demnach in der Zeit während des Coming-out-Prozesses. Auch das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist deutlich höher. Als Hauptursache ist die geringe soziale Unterstützung zu nennen, ein Defizit, das oftmals schon im Elternhaus beginnt. Ein weiterer wesentlicher Grund ist die Angst vor Diskriminierung und Ausgrenzung. Die 2005 durchgeführte Studie der Salzburger Universität kommt zu dem Ergebnis, dass ein Drittel der befragten österreichischen schwulen Jugendlichen von erlebter Diskriminierung in der Schule berichten und PädagogInnen darauf nicht reagiert hätten. Ungewisse Zukunft. Die vom Familienministerium anerkannte Einrichtung Courage sieht nun – nach dem sechsmonatigen Beobachtungszeitraum – einer ungewissen Zukunft entgegen. Derzeit wird Courage noch von Bund, Land und Stadt gefördert. Die grüne Gemeinderätin Daniela Grabe betont, dass „Beratungseinrichtungen auf jeden Fall notwendig sind und der Bedarf auf jeden Fall gegeben“ sei, speziell für Einrichtungen mit steiermarkweiter Abdeckung. Sie schließt sich der dringenden Forderung nach finanzieller Unterstützung an: „Eine solche Verantwortung hat die öffentliche Hand nicht nur für jene fünf bis zehn Prozent, die das unmittelbar betrifft, sondern generell für alle BürgerInnen – im Sinne von Menschenrechtssensibilisierung, Bewusstseinsbildung und Aufklärung.“ Hilfe für Männer. Anlaufstellen für Frauen gebe es in Graz mehrere, die Anliegen der Männer müssten – laut Wolfgang Obendrauf – jedoch auch einen Platz haben. Der Diplomierte Systemische Lebens- und Sozialberater, Ehe- und Familienberater ist nicht nur Mitglied von Courage Graz, sondern auch Erstberater der seit 1996 bestehenden Grazer Männerberatung: „Wir haben kein klares Bild, wie mann oder frau sein sollte, weil es verschiedene Formen gibt, wie Männlichkeit und Weiblichkeit gelebt werden können.“ Die Männerberatung hilft nicht nur bei Problemen der sexuellen Orientierung, sondern auch in den Bereichen Beziehungsprobleme, Gewalttätigkeit, Trennung, Scheidung und Sorgepflicht, indem sie mit psychologischer, juristischer und medizinischer Beratung zur Seite steht. „Die sexuelle Orientierung ist nur ein Teilbereich des Lebens“, so Obendrauf, daher sei die Männerberatung auch gut mit anderen Kontaktstellen vernetzt, wenn es um Drogensucht, Gewaltanwendung und ähnliche Probleme geht. Das von der Männerberatung initiierte Männercafé bietet zusätzlichen Raum und ist eine offene Plattform für männerspezifische Information, Diskussion, Austausch, Kultur und Freizeitangebote. | Melanie Chung Kontakt: Courage Graz, Herrengasse 3 / Stiege 2 / 2. Stock, Di und Do, 16.00 bis 20.00 Uhr, Tel.: 0699 / 166 166 62 (Termine nur nach telefonischer Voranmeldung)
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