Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Gerhard Lojen in Berlin – Eine Minute Stille
Freitag, 18. Dezember 2009

Kloos up - von Luise Kloos

1977. Das Telefon klingelt. Gerhard Lojen hebt ab, am anderen Ende Hans Bischoffshausen: „Schenken wir uns eine Minute Stille“. Die Freunde schwiegen eine Minute, verabschiedeten sich und legten wieder auf. 1977 entstand das Projekt „Stille“ der Gruppe 77, dessen Gründungsmitglied Gerhard Lojen war.

Leere Seiten in der Kleinen Zeitung, eine Minute Stille im Radio und selbst im Club 2 gab es eine Minute Stille. Diese eine Minute Stille hat Gerhard Lojen weitere 10 Jahre mit Hans Bischoffshausen, bis zu dessen Tod (1927 – 1987) weiter geführt – als ganz persönliches Kunstprojekt. Vor vier Jahren starb Gerhard Lojen (1935 – 2005). Nun gibt es eine von Christa Steinle kuratierte Ausstellung von Gerhard Lojen mit dem Titel „Die Sehnsucht nach radikalen, ultimativen Bildern“ im Österreichischen Kulturforum Berlin zu sehen. Der Titel der Ausstellung folgt einem Zitat des Malers, der als bildender Künstler, als Poet, als Architekt, als Kunsthistoriker und als Lehrer in Graz gewirkt hat und im Dialog und Austausch mit internationaler Kunst stand. Die Sammlung Lojen umfasst über 1000 Bilder, sowie die bislang ungezählten Zeichnungen und Grafiken, Aquarelle, Gouachen und Bildobjekte. Zahlreiche Kunst-am-Bau-Projekte in Graz und in der Steiermark zeigen Lojen als einen sensiblen Gestalter im architektonischen Feld. 1999 wurde Lojen der Würdigungspreis des Landes Steiermark zugesprochen und damit ein Künstler geehrt, dessen jahrzehntelanges Schaffen sich den wichtigsten Leistungen der Malerei im 20. Jahrhundert verschrieben hat, nämlich dem abstrakten Bild und dem Materialbild, und sich dadurch in die österreichische Kunstgeschichte eingeschrieben hat. Sein fundiertes Wissen über die zeitgenössische bildende Kunst des 20. Jahrhunderts und insbesondere von Joseph Beuys – es gibt von Gerhard Lojen unzählige Texte zu diesem Werk, vermittelte er seinen SchülerInnen wie Sabina Hörtner, Jack Bauer, Markus Wilfling, Bernhard Frühwirth, Ronald Kodritsch, Wendelin Pressl, Siggi Hofer, Michaela Söll oder Martin Schnur. Sein weitgehend unbekanntes schriftstellerisches Werk umfasst zahlreiche Gedichte, Reiseberichte, Texte zu Land Art, Künstler wie z. B. Frank Stella und auch zu Arbeiten seiner SchülerInnen. Seine „Haikus“ – zeichenhafte Versformen mit Tusche und Rohrfeder auf A4 Blättern gezeichnet, haben wahrscheinlich nur wenige Menschen gesehen. Seine Witwe Erika Lojen, selbst Künstlerin und Architektin, arbeitet unermüdlich daran, das bislang noch relativ wenig bekannte Werk ihres Mannes auch der internationalen Öffentlichkeit vorzustellen. In Berlin ist dies phantastisch gelungen: das Eröffnungspublikum hat selbst die Veranstalter überrascht. Beide haben sich durch ihre Tätigkeit als Architekten den Freiraum für das künstlerische Arbeiten geschaffen. Erika Lojen arbeitet daran weiter, um das Werk von Gerhard Lojen bekannt zu machen. Das gelingt jedoch nur durch Unterstützung von Institutionen. Wie die Ausstellung in Berling gezeigt hat, wird das Werk des Künstlers im Vergleich zu internationalen Künstlern hoch geschätzt. Die Neue Galerie hat mit der Unterstützung dieser Ausstellung einen mutigen Schritt zur Förderung regionaler KünstlerInnen in der internationalen Kunstwelt getan. Gerhard Lojen war ein Förderer von NachwuchskünstlerInnen. Als Begründer und Vertreter der abstrakten Malerei in Österreich ist es seinem Werk und uns zu wünschen, dass diese Leistungen sowohl regional als auch international entsprechend wahrgenommen und gewürdigt werden.

Die Ausstellung von Gerhard Lojen ist bis 21.1.2010, Mo – Fr 14 – 16 Uhr, zu sehen. Eine Finissage ist geplant.
Informationen: Galerie des Österreichischen Kulturforums, Österreichische Botschaft Berlin, Stauffenbergstraße 1, 10785 Berlin
www.kulturforumberlin.at
www.lojen.at
www.gruppe-77.com

Autorin: www.luisekloos.at

(mehr zur Lojen-Ausstellung in Berlin auf in einem anderen Artikel)
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