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Renaissancebau in der Murvorstadt bleibt erhalten
Freitag, 18. Dezember 2009
In der Kernzone des Flächenbombardements des Zweiten Weltkriegs hat wie durch ein Wunder ein Gebäude mit Renaissance-Kern das Geschehen der letzten Jahrhunderte beinahe unversehrt überstanden. Studierende der TU Graz haben unter der Leitung von DI Jürgen Moravi vom Bundesdenkmalamt den historischen Bestand untersucht.
Um das Gebäude in der Babenbergerstrasse 107 ranken sich so manche Mythen, stand es doch im 16. Jahrhundert allein im Wald außerhalb der Stadt. So gibt es z.B. die Legende, dass es ein Lustschloss war mit geheimen Verbindungsgängen zum Marienkloster. Historisch belegt ist, dass es bereits im Mittelalter landesfürstliches Lehen des Gutes Leuzendorf und ab 1633 im Besitz der Familie Ziegelmüller war. Es war immer ein freies Haus, Freisassen wurden damals wie Adelige behandelt. DI Wolfgang Absenger vom Bundesdenkmalamt betont: Es handelt sich um den letzten Freisassenansitz in Graz.“
Das Unternehmen Lackner & Urnitsch hat das Grundstück vor 25 Jahren gekauft, um es als Stellfläche für Autos zu nutzen. Bis vor drei Jahren wurde das Haus von einer älteren Dame bewohnt, die ein Wohnrecht auf Lebenszeit besaß. Ende der 80er Jahre, nach der Öffnung des Ostens, wurde es auch von drei Familien u.a. aus dem Kosovo und Rumänien genutzt, die quasi von der alten Dame adoptiert wurden.

Erinnerungen an eine vergangene Zeit.
„Die Qualität des Gebäudes liegt darin, dass trotz zahlreicher Bauphasen die Kubatur des Gebäudes eindeutig auf die Renaissance verweist.“ erklärt Jürgen Moravi. Obwohl das Haus seit einigen Jahren leer steht und etwas verwahrlost erscheint, dürfe dieser Umstand nicht über die hohe Qualität des Gebäudes mit bedeutenden Bauphasen der Renaissance hinwegtäuschen.
Der Kernbau besteht aus tonnengewölbten Kellern mit Stichkappen, darüber befindet sich ein eingeschossiger Baukörper, dessen Entstehen grob in die 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts zu datieren ist und der in Ansätzen noch Traditionen der Spätgotik erkennen lässt. Bald nach dem Entstehen des ersten Baukörpers wurde dieser noch im 16. Jahrhundert um eine Torhalle und ein Obergeschoss erweitert. Zur Straßenseite hin wurde ein dekorativer Erker mit Sgraffitofassade (Kratzputz) errichtet. Die Dachkonstruktion des Schopfwalmgiebelhauses stammt ebenfalls aus der Renaissance.

Repräsentation damals wie heute. Im Barock wurde das Haus an der Südseite durch zwei in unterschiedlichen Bauphasen entstandene Anbauten erweitert. Im Obergeschoss des größeren Anbaues ist noch eine gut erhaltene Riemendecke (ein spezieller Typus einer Holzbalkendecke) mit dekorativem Tafelparkettboden zu bewundern. Die Halle im ersten Obergeschoß diente für Repräsentativzwecke wie feierliche Zusammenkünfte sowie das zur Straße ausgerichtete Erkerzimmer als repräsentativer Raum des Besitzers. Um 1878 wurde das Innere von Baumeister Andreas Franz umgestaltet, wobei zu dieser Zeit leider einige Gewölbe im Erd- und Obergeschoß abgebrochen wurden. Den Endpunkt der Bauphasen bilden einige Innenausbauten aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Stephan Pfeng, Juniorchef von Lackner & Urnitsch, ist sich der Einzigartigkeit des Gebäudes bewusst und kann sich für die Zukunft einen Ausbau der Räumlichkeiten zu Schulungszwecken vorstellen.
Die detaillierte Auswertung der Bauphasen ist noch im Gange, die Endergebnisse im Rahmen der Lehrveranstaltung „Bauaufnahme, Bauforschung“ des Instituts für Stadt- und Baugeschichte werden am 26.1.2009 an der TU Graz präsentiert.
| Yvonne Bormes
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