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Wirtschaft zwischen Chance und Krise
Freitag, 18. Dezember 2009
Beim letzten DiensTalk vor der Winterpause standen einmal mehr die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise und gangbare Strategien für deren Bewältigung auf der Agenda.

Auf die Einladung von ÖVP-Landesgeschäftsführer Mag. Bernhard Rinner fanden sich der steirische Wirtschaftslandesrat Dr. Christian Buchmann, Dr. Susanne Riess-Passer, Generaldirektorin der österreichischen Sparkasse Wüstenrot AG, und der ehemalige Parteivorsitzende der Grünen NAbg. Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen zur bewährten Dreierdiskussionsrunde am Karmeliterplatz ein. Unter der Moderation von Dr. Gisela Hopfmüller spürten sie den Ursachen der Krise sowie deren zukünftiger Vermeidbarkeit nach.

Scheinbar rationales Verhalten. Selbst mit einem Jahr Distanz erscheinen die auslösenden Faktoren noch immer äußerst verschwommen und ein Boden der Konsolidierung erscheint noch immer unsicher, erklärt Riess-Passer: „Darüber gibt es viele Theorien: Wie tief ist das Tief?“ Sie sieht im Anstieg der Immobilienpreise in den USA den Auslöser: „Einen Kredit aufzunehmen, schien vielen Hauskäufern ökonomisch rational; keiner wollte Kritik hören oder nachrechnen.“ Als Konsequenz daraus fordert sie, dass es eine grenzübergreifende Regelung geben müsse: „Eine nationale Regelung kann nicht zur Bewältigung von globalen Auswirkungen genügen.“ Die Bevorzugung konservativer Produkte durch die Kunden, wie etwa Bausparen, habe ihrer Branche und insbesondere auch ihrem Unternehmen unerwartete Zuwächse beschert: „ Wie lange dieser Rückenwind allerdings anhält, ist weiter ungewiss, irgendwann werden sich die Anleger auch wieder spekulativeren Produkten zuwenden, wenn keine neuen Regulative gefunden werden, dieses im Grunde selbstschädigende Verhalten zu verhindern. Niemand kann auf Dauer 15, 20 oder 30 % Rendite im Jahr anbieten, ohne ein fragwürdiges Geschäftsmodell dahinter zu verbergen.“

Feststecken in der Krise.
Alexander Van der Bellen warnte davor, allzu voreilig auf eine baldige Entspannung der Situation zu hoffen. Das eigentliche Problem liege in der Unsicherheit, „dass alles immer schneller geht“, befindet Van der Bellen: „Eine Mischung aus Gier und Betrug war rückblickend für den Ausbruch der Krise verantwortlich. Es wurden Hypothekargeschäfte abgeschlossen ohne Rücksicht darauf, ob der Schuldner in drei Monaten noch zahlen kann. Das ging eine Zeit lang gut, weil die Hypotheken weiter verkauft werden konnten. Jetzt stellt sich die Frage, wie wir aus der Verschuldung herauskommen. Laut einer Studie wird noch dazu prognostiziert, dass der Ölpreis schon 2012 auf 200 US-Dollar pro Barrel steigen könnte.“ Reelle Chancen, der Wirtschaftskrise zu entkommen, habe es immer gegeben: „Aber Österreich hat die Chancen verschlafen, statt sie wahr zu nehmen.“ In Zukunft müsse man in Betracht ziehen, allzu mächtige Bankengebilde zu zerschlagen, damit eine vernünftige Finanzaufsicht funktionieren könne.


Regionale Innovation und globale Chancen. In der Steiermark sei die Krise noch gar nicht im vollen Ausmaß angekommen, spricht Wirtschaftslandesrat Buchmann von einer „paradoxen Situation“. Besonders jene steirischen Unternehmen, die die Wirtschaft als große „Leitbetriebe“ getragen haben, sind jedoch voll von der Krise betroffen, denn sie erzielen von ihrer Wertschöpfung im Ausmaß von 34 Milliarden Euro rund die Hälfte im Exportgeschäft. Weil die Absatzmärkte, z.B. in der Automobilbranche in rasantem Tempo eingebrochen seien, müssten jetzt Mitarbeiter abgebaut werden. Der Schlüssel für einen Ausweg aus der Krise liegt, so Buchmann, in dem stetigen Willen zur Innovation, die sich auch in der konkreten Fertigung von intelligenten Produkten niederschlägt: „Die Autoindustrie hat viel zu spät erkannt, dass die Zukunft der Mobilität in elektrischen Antriebssystemen liegt und es verabsäumt, marktfähige Fahrzeuge zu entwickeln.“ Auf der anderen Seite müsse man den Blick auf andere Weltregionen richten, die auch heimischen Unternehmen „großartige Chancen“ bieten, etwa in Asien, Südamerika oder auch in einem sich erholenden Osteuropa.
| Josef Schiffer

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