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Wirtschaftsförderung: Ruf nach mehr Transparenz
Freitag, 18. Dezember 2009
Die Frage, ob Unternehmen jene Förderungen, die sie von der öffentlichen Hand erhalten, offenlegen sollen oder nicht, führt auch in der Steiermark zu Diskussionen. IV-Präsident Jochen Pildner-Steinburg steht diesem Vorschlag vorsichtig positiv gegenüber. Landtagsabgeordneter Werner Murgg (KPÖ) fordert eine Beschränkung der Wirtschaftsförderungen.
Im Zuge der Diskussionen rund um ein Transferkonto, das sämtliche Sozialleistungen sichtbar machen soll, sind auch die Wirtschaftsförderungen ins Gerede gekommen. Jene Leistungen, die private Unternehmen von der öffentlichen Hand erhalten, sollten offengelegt werden – das forderte zumindest Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl in diesem Zusammenhang. Die Palette der verschiedenen Förderungen ist lang: Neben direkten Handreichungen vonseiten des Bundes, des Landes oder der Steirischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (SFG) sind auch indirekte Förderungen für steirische Unternehmen von Belang. Dazu zählen beispielsweise Eingliederungsbeihilfen oder Qualifizierungsbeihilfen, die vom Arbeitsmarktservice (AMS) ausbezahlt werden. Ferner ist die Praxis weiterer indirekter Unterstützungen, die nicht selten von Gemeinden gesetzt werden, weit verbreitet. Um den Firmen die Standortwahl zu erleichtern, werden dabei nicht selten diverse Abgaben erlassen.

Unabhängigkeit. Der Präsident der steirischen Industriellenvereinigung (IV) Jochen Pildner-Steinburg kann der von Leitl insistierten Transparenz in Sachen Wirtschaftsförderungen einiges abgewinnen. „Gegen eine globale Offenlegung der Summe von öffentlichen Förderungen haben wir prinzipiell nichts einzuwenden“, sagt Pildner-Steinburg. Als Geschäftsführer des Grazer Anlagenbauers GAW sei man im Unternehmen seit jeher bestrebt, mit Hilfe der im Unternehmen verbleibenden Gewinne „unabhängig zu agieren“. Man versuche also, sich nicht von etwaigen Förderungen abhängig zu machen. Eine völlige Offenlegung der Förderungen knüpft der IV-Präsident für sein Unternehmen an zwei Bedingungen. Zum einen „darf es zu keiner bürokratischen Mehrbelastung der Unternehmen kommen. Für die Sammlung der Daten und die  ‚Kontoführung’ müssen die Förderstellen selbst verantwortlich sein.“ Zum zweiten dürfe die Veröffentlichung nur Pauschalsummen und keine Details betreffen, da „Förderungen von Forschungs- und Innovationsvorhaben überwiegend sehr sensible Bereiche betreffen, aus denen die Konkurrenten wertvolle Informationen gewinnen können.“ Sollten nämlich Details von den Offenlegungen betroffen sein, dann würden Wettbewerbsvorteile verloren gehen, befürchtet Pildner-Steinburg.
Harte Auflagen für Förderungen. Landtagsabgeordneter Werner Murgg von der steirischen KP würde ein Offenlegen der Förderungen begrüßen. Allerdings fordert er in einem weiteren Schritt ein Überdenken der Praxis bei der Vergabe der Wirtschaftsförderungen. Seiner Meinung nach sollen alle steirischen Unternehmen ihre Unterstützungen, die sie von der öffentlichen Hand lukrieren, offenlegen. Ferner konstatiert er ein Ungleichgewicht bei der Vergabepraxis auf Kosten kleinerer und mittlerer Betrieben, die nicht selten leer ausgingen. Für alle Unternehmen fordert er harte Auflagen, die auch die Streichung sämtlicher öffentlicher Gelder als letztes Mittel inkludieren sollte. „Wenn Unternehmen Beschäftigte kündigen, wenn Sie keine Betriebsräte haben beziehungsweise der Gewerkschaft oder dem Betriebsrat ‚Steine in den Weg legen’, aber auch dann, wenn Unternehmen bereits jahrelang vor der Förderannahme keine oder kaum Körperschaftssteuern bezahlt haben, dann sollten keine Wirtschaftsförderungen mehr ausbezahlt werden“, fordert Murgg. Einen weiteren Ausschließungsgrund sieht der Abgeordnete in einer Praxis, die seit Beginn der Wirtschaftskrise bei mehreren steirischen Unternehmen angewandt wird: „Es sollten auch dann keine Förderungen gewährt werden, wenn, wie derzeit bei Magna, die Arbeiter und Angestellten Kurzarbeit leisten oder auf andere Weise Lohnverzicht leisten müssen.“

Schlechte Förderpraxis. Laut Murgg gebe es eine Reihe von großen Unternehmen, die ihre Förderungen aus seiner Sicht zu Unrecht kassiert hätten. So sei in der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsförderungsbeirates für Magna eine 2,5 Millionen-Euro-Förderung abgesegnet worden. „Und das trotz Kurzarbeit“, kritisiert Murgg. Auch das Unternehmen EPCOS in der Weststeiermark habe mehr als 250.000 Euro erhalten, obwohl der Konzern am Standort Deutschlandsberg unlängst mehr als 200 Beschäftigte gekündigt hat. Als drittes Beispiel führt der Abgeordnete das Unternehmen AT&S in Leoben ins Treffen. Alleine von der steirischen Fördergesellschaft hätte AT&S knapp eine Million Euro zugesprochen bekommen. Hinzu kämen zusätzlich knapp 2 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). „Damit sollen angeblich 91 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Aber davor wurden hunderte Arbeitsplätze abgebaut“, ärgert sich Murgg.

| Gregor I. Stuhlpfarrer
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