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Was Kindern Recht sein muss…
Freitag, 18. Dezember 2009

Aufgefallen - von Christian Theiss

Kinderrechte endlich in der österreichischen Verfassung! Hurra!? Naja…

Nach fast zwei Jahrzehnten währender Diskussion über die gesetzliche Verankerung der UN-Kinderrechte-Konvention (und zwar so, wie sie ist!), haben es nun Teile derselben in die österreichische Bundesverfassung geschafft. Doch der ausgearbeitete Gesetzesentwurf, der im Dezember beschlossen werden soll, hält bei weitem nicht, was er zu versprechen scheint. Als gelernter Österreicher weiß man, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, wenn es von der Regierung kommt. Was verheißungsvoll klingt, erweist sich einmal mehr als halbherziges Zugeständnis von zugegebenermaßen hoher Symbolkraft und kommt auch gerade zum richtigen Zeitpunkt daher (seit 20 Jahren gibt es die Kinderrechte), stellt sich aber als hasenfüßige Mogelpackung heraus.

Die kija steiermark und viele andere ExpertInnen und AktivistInnen aus der Kinderrechte-Szene sind enttäuscht von der Mut- und Visionslosigkeit des Entwurfes.

Was sind die Kritikpunkte?

•    In die Verfassung haben es letztlich nur folgende Themen geschafft: Kindeswohl, Kontaktrecht zu Elternteilen, Arbeitsverbot, Diskriminierungsverbot bei Kindern mit Behinderung, Gewaltverbot, Mitsprachemöglichkeit. Das wirkt ein bisschen beliebig und hat hauptsächlich symbolischen Charakter, aber wenig rechtliche Relevanz.

•    Der umstrittene Artikel 7 (des Entwurftextes) definiert die Einschränkung dieser Rechte bei Nicht-Wohlverhalten (Gefährdung der nationalen Sicherheit, des wirtschaftlichen Wohles des Landes oder der öffentlichen Ruhe und Ordnung!).
Steht dahinter ein Kalkül? Angst, dass die Kids zu frech werden und zu viel rechtliche Ansprüche haben? Angst, weil das Asyl- und Fremdenrecht häufig gegen das Kindeswohl verstößt? Angst, weil dann Kinder und Jugendliche nicht mehr einfach in Schubhaft genommen werden können? Angst, dass das Wohl von Kindern und Jugendlichen plötzlich für alle Behörden vorrangige Bedeutung haben müsste? Offenbar befürchtet die Regierung, zu viele Gesetze ändern zu müssen. Hätte man z. B. das Recht auf Familie festgeschrieben, würde das Kinderrecht quasi das Fremdenrecht „overrulen“ (vgl. NAbg. Fuhrmann).

•    Gänzlich ausgeklammert wurden z. B. das Recht auf Bildung, das Recht auf Gesundheitsversorgung, das Recht auf angemessenen Lebensstandard, das Recht auf Freizeit und Erholung…

Fazit 1: Der Gesetzesentwurf hat hohe Symbolkraft, weil erstmals die Stellung des Kindes und das Kindeswohl – wenigstens ansatzweise – im höchsten Rechtsrahmen der Republik verankert werden. Der unerfreuliche und fehl platzierte Paragraph 7 sollte unbedingt wieder hinausverhandelt werden!

Fazit 2: Die Nichteinbeziehung der Kinderrechte-Organisationen ist ein Beispiel dafür, dass Partizipation noch immer nicht ernst genug genommen wird. Künftige Gesetze sollten durch Kinder/Jugendverträglichkeits-Checks überprüft werden.

Fazit 3: Wenn die Oppositionsparteien derzeit 2/3-Gesetze blockieren, dann behindern sie die Entwicklung der Kinderrechte nur gering, fördern aber zu Tage, in welch erschreckend schwachbrüstiger Demokratie wir leben. Denn die Regierungskoalition dirigiert die großen Parlamentsparteien, d.h. die Legislative ist demontiert (und die Opposition kann leicht als Verhinderer dargestellt werden).

Fazit 4: Vielleicht will man die Kinderrechte genau deshalb nicht?! Weil die Konvention Mitsprache fordert, demokratisches Bewusstsein bildet, Diskriminierung verbietet, das Recht auf Klagen und Beschwerden gibt, Schutz vor Gewalt verlangt und Ungerechtigkeit angeprangert … oder ganz kurz: Kinder/Jugendliche zu Trägern aller Rechte und damit zu „ganzen StaatsbürgerInnen“ macht!

Christian Theiss ist steir. Kinder- und Jugendanwalt
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