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Leitsätze und Leitplanken |
Mittwoch, 18. November 2009 | |
Kreative Stadt Entwicklung (16) - von Harald Saiko Im Grazer Haus der Architektur wurden dieser Tage die zuvor einstimmig beschlossenen „Baupolitischen Leitsätze des Landes Steiermark“ vorgestellt. Mit diesen Leitsätzen wollen Landespolitik und -verwaltung eine Qualitätsrichtlinie vorgeben, die für alle Planungen und Bauvorhaben verbindlich einzuhalten ist, die im mittelbaren und unmittelbaren Einflussbereich des Landes Steiermark realisiert werden. Die kommunale Bedarfszuweisung soll dabei Zuckerbrot und Peitsche sein, um aus den Leitsätzen auch reale Leitpolitik werden zu lassen. Das wäre wünschenswert, ist doch das beschlossene Papier vorbildlich strukturiert. Unter Anerkennung des Themas als Querschnittsmaterie wurden alle relevanten Bereiche einbezogen. Dabei wurde auf jene Kräfte aus Wissenschaft, Forschung und Praxis zurückgegriffen, die sich damit auch glaubwürdig beschäftigen. Auf Expertenmeinung wurde also gezählt, selten genug heutzutage. Freilich, dass auch die Landespolitik zu diesem Bereich seit bald zehn Jahren von Initiativen wie etwa der Plattform für Architektur und Baukultur „massiert“ wird, sei nicht verschwiegen. Leitfäden zum Gemeindehochbau und Punkteprogramme sonder Zahl wurden initiiert, besprochen, geschrieben und abgegeben und doch nur zur Kenntnis genommen, ohne die zweifellos weitreichenden Umsetzungsschritte anzugehen. Aber wenn dies Trainingsphase war und das Land das Match gegen die ökologische, ökonomische und ästhetische Selbstzerstörung um 5 vor 12 aufnimmt, sei dies verziehen. Der Wille der Politik ist nicht hoch genug zu schätzen, noch dazu wo die Steiermark das erste Bundesland Österreichs ist, das die Querschnittsmaterie Bauen in eine Handlungsmaxime zusammengefasst hat. Und dabei geht es nicht nur um künftig kostengünstigeres und energiesparenderes Bauen, sondern auch um Themen wie zukunftsfähige Raumentwicklung, gesellschaftlicher Wandel und gebaute Vielfalt als bewusste Determinanten. Damit wird in Zeiten des Klimawandels der gebauten Umwelt endlich jene Aufmerksamkeit zuteil, die vonnöten ist. Denn zwischen 1961 und 2001 etwa sind die Haushalte zehnmal so stark gewachsen (um 41 Prozent) wie die Bevölkerung (4 Prozent), weil die Haushaltsgröße von 3,37 Personen (1961) auf 2,5 im Jahr 2001 zurückging, der Prokopfanspruch auf Wohnfläche sich gleichzeitig aber auf fast 40m² verdoppelt und die schrankenlose Mobilität per Automobil eine Trennung von Wohnen, Arbeiten und Erholung extrem gefördert hat. Und es wird jenen KämpferInnen für die gute Sache, die Architektur als Teil des gesamtgesellschaftlichen Phänomens einer Baukultur verstehen, jene Aufmerksamkeit zuteil, die sie verdienen. In der Steiermark ist diese Vertrauens- und Milieubildung wichtig, wo einige wenige unter dem Titel einer Bau-„Kunst“ gerne unter sich bleiben würden.Last but not least, kein Lob ohne Tadel an anderer Stelle. Denn Dringlichkeit und Relevanz gelten nicht nur für das Land, sondern mindestens so sehr für die Stadt. Für meine Heimat Graz zum Beispiel. Aber bei der Sanierung des „Hauses Graz“ ist dies leider kein ernstgenommenes Thema. Um den jahrelangen Pfusch dort zu beschreiben, würde mir eine Sonderausgabe des KORSO nicht genug Platz bieten. Kann irgendjemand an diesem Schleuderkurs noch rechtzeitig Leitplanken aufstellen? Architekt DI Harald Saiko, geboren und aufgewachsen in Graz, Studium in Graz und Paris, Büro für Architektur.Stadt.Kultur in Graz, Wien, Timisoara / WWW.SAIKO.CC Die bisher erschienenen Kolumnen von Harry Saiko wurden im Mai 2009 in der KORSO-Sondernummer stadtFORUM publiziert. Sie können in der Redaktion (korso@korso.at oder unter 0316/822883) bestellt werden.
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