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Architektur mit kleinem a
Mittwoch, 18. November 2009
Am  12. Oktober 2009 wurde in der Grazer Burg der Gewinner des Architekturpreises des Landes Steiermark 2008 gekürt sowie das Jahrbuch des Hauses der Architektur (HDA) präsentiert. Seit bald dreißig Jahren würdigt die Steiermark ihre besten Neubauten mit dem Architekturpreis des Landes Steiermark, der alle zwei Jahre von der Steiermärkischen Landesregierung verliehen wird. Ab diesem Jahr wird der Preisträger nicht mehr wie bisher durch eine Jury, sondern einen international tätigen, alle zwei Jahre wechselnden Kurator bestimmt, der auch die Gestaltung des Jahrbuchs verantwortet.
In diesem Jahr hat der Architekturkritiker und -theoretiker Andreas Ruby die Rolle des Kurators übernommen. Er hat sich die Frage gestellt, wofür es sich lohnt, einen Preis zu vergeben. Nicht für gut Erprobtes und allgemein als gut Befundenes, sondern für ein Wagnis, das sich noch nicht durchgesetzt hat: „Bei der Architektur ist nicht nur das wichtig, was realisiert wird, sondern auch was erdacht wird. Vielleicht kann es ja später mal ein anderer machen.“

The winner is: Aus über achtzig Einreichungen wurden zwölf Bauten in die engere Wahl genommen. Ausgezeichnete Projekte waren In-Side-Out von Arquitectos, Vier regionale Marktplätze von HOG, das Veranstaltungszenrum in Bad Radkersburg, geplant von Gangoly + Kristiner, das Stadtzentrum Trofaiach von Yes-Architecture, die Rose am Lend von INNOCAD, Palais Thinnfeld von Ifau + Jesko Fezer, Markus Pernthalers Rondo, Frog Queen von Splitterwerk, der ökosoziale Wohnbau am Grünanger von Hubert Riess, Messe Graz – Halle A von Riegler Riewe und Camp Wildalpen von Holzbox. Der Architekturpreis des Landes Steiermark wurde an die Linzer Architektengruppe X-Architekten für ihr Haus Yug in Frauental verliehen.

Verdammt noch mal, hier stimmt was. Neue Funktionen in alter Substanz, Neues schaffen, indem man Altes wiederverwendet, all dies ist in Graz nicht mit höchstem Wert belegt. „Hier wollen Architekten Primaballerina sein, nicht Ensembletänzer. Dabei ist das Ensemble die größere Herausforderung. Architektur ist nicht immer mit großem A zu schreiben.“ meint Ruby. So erklärt sich auch seine Entscheidung für das Siegerprojekt. Es handelt sich um die Erweiterung eines alten Bauernhauses mit einem Wohnhaus für Kinder im ländlichen Raum. Auf Grund des sehr niedrigen Baubudgets haben die Architekten die Planung nur bis zur Einreichung übernommen, danach steuerten die Bauherren den Bauprozess. Vor allem Letzteres hat in der Architekturszene derart hohe Wellen der Begeisterung und Entrüstung geschlagen, dass es in der darauf folgenden Woche eine äußerst emotionale Diskussion im HDA mit namhaften Vertretern der Grazer Architekturszene wie Hans Gangoly, Markus Bogensberger und  Michael Zinganel gab, wo Kurator Ruby seine Entscheidung regelrecht verteidigen musste.

Alles neu. Für die fotografische Dokumentation der im Jahrbuch veröffentlichten Projekte konnte die Fotokünstlerin Livia Corona gewonnen werden, die sich für „belebte Architekturfotografie“ entschied. Alle Pläne wurden neu gezeichnet und radikal vereinfacht, so dass sie auch für Laien lesbar sind. Die Texte stammen nicht von Architekturkritikern, sondern resultieren aus Befragungen von Personen, die von dem Projekt unmittelbar betroffen sind (siehe auch Rezension „Von Menschen und Häusern“ auf S.16).
| Yvonne Bormes
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