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Sound of Democracy
Mittwoch, 18. November 2009
Es ist ein brachialer erster Eindruck. Ein Tunnel der Stimmen. Vieles wird gesprochen, skandiert, doch heben sich die einzelnen Botschaften damit selbst auf. Ein Durchgang zeigt einen Bildschirm neben dem anderen, zeigt, wie sich die Menschen abarbeiten, an fundamentalen Fragen, Fragen der Menschenrechte, der Demokratie.
Über eine Serie von 20 Videoarbeiten versucht Artur Zmijewski Demokratie und, wie sie verstanden werden kann, ins Bild zu bringen. Ohne zu werten werden dabei Reenactments des Warschauer Aufstandes von 1944 dem Begräbnis von Jörg Haider oder Demonstrationen aus dem Gaza Gebiet gegenübergestellt. Es sind immer beide Seiten, die ihn interessieren. Schemata des Demokratischen, zu denen sich auch polnische Abtreibungsgegner formieren können. Zmijewski zieht keine Linie zwischen „guter“ oder „schlechter“ Meinungsäußerung. Vielmehr ist es radikaler Dokumentarismus, veranschaulichte Möglichkeiten, die Stimme zu erheben. Ob Fußball-WM, Parade, Demonstration oder nachgestellte Schlacht – die Methoden sind ähnlich. Die Filme verstehen sich als Sichtbarmachung des politischen Antriebs, für den Künstler ein „innerer Drang“, der die Menschen sich artikulieren lässt, sie als Person für etwas eintreten lässt, gleichzeitig aber auch für die Dehnbarkeit des Demokratiebegriffes. Die chronologische Ordnung gibt der Darstellung in der Ausstellung die nötige Neutralität. Reflektiert werden die Botschaften nicht.
„I share my position with ordinary people“ Waren Zmijewskis frühere Arbeiten bestimmt von sozialen Experimenten mit Randgruppen unserer Gesellschaft, so lag auch diesen Arbeiten bereits das demokratische Grundverständnis der Gleichheit aller zugrunde. Bei „Democracies“ wird der Anspruch direkter formuliert. Geografisch geht es um Europa und den Nahen Osten, um die Ideen und Ideale, die wir als gegeben empfinden. Sind das überhaupt alles Demokratien, die hier gezeigt werden? Der Titel verweist gleichzeitig auf einen Mangel. Artur Zmijewski hatte bei seinen Beobachtungen keinen Zugang zur privilegierten Journalistenzone, sondern die gleichen Rechte wie „normale“ Menschen. Und so zeigt er die Ereignisse auch – als einer aus der Masse.

Trying to get managed. Abgearbeitet haben sich auch die Menschen in Zmijewskis 24-Stunden-Portraits. „Selected Works“ nennt er die zehn auserwählten, ausgebeuteten Niedriglohnarbeiter in ironischem Seitenhieb auf die künstlerische Praxis. Er zeigt sie eben nicht nur bei der Arbeit, sondern in sehr privaten Momenten, wenn frühmorgens der Wecker klingelt oder wenn sie Zeit mit ihrer Familie verbringen. Wer sich an dieser Stelle an die Big Brother-Modifikationen sämtlicher TV-Stationen erinnert, kann beruhigt werden: Über den dokumentaristischen Ansatz wird hier das tägliche Leben aufgezeichnet. Jeder versucht zurechtzukommen. Die gekünstelte Zurschaustellung entfällt zugunsten einer Identifikation mit jenen, die das Rückgrat bilden, welches die Welt für uns am Laufen hält.
| Eva Pichler

Artur Zmijewskis „Democracies“ und andere Arbeiten sind bis 17. Jänner 2010 in der Camera Austria zu sehen.
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