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Rote Ziegel, grüne Sessel |
Freitag, 16. Oktober 2009 | |
Im Grazer Stadtmuseum setzt Roswitha Weingrill die Reihe „Innenansichten“ fort – „Dach und Fach“ nennt sie den Einblick in ihre Arbeiten über individuelle Lebenssituationen, Armut, Flucht und Migration. Kosovarische Rohbauten“ sind akribisch mit Bunt- oder Filzstift ausgeführte Ziegelformationen, mehr Skeletten als fertigen Häusern gleich, scheinen sie oft bezugslos in der Luft zu schweben. Das Rohe und seine romantische Verklärtheit, die sich vor der dahinter liegenden Armut auftut. Das Architekturbild wird hier zur Sozial- ja Geschichtsstudie in rotbraunen Facetten, die kriegsgebeutelte Vergangenheit und eine ungewisse Zukunft des Landstriches illustrierend. Aber selbst nur ein Dach zu haben, ist nicht selbstverständlich. Begegnungen mit Obdachlosen über die Zeitung Augustin, führen bei Roswitha Weingrill zur Arbeit „ObDach“. Das persönliche Gespräch und die Erkenntnis, dass solche Schicksale uns nicht so fern liegen, wie wir immer denken. Dass ein Scheitern ganz nebenbei eben passieren kann. Und man vor dem Nichts steht. Eben ohne Haus. Jene grünen Bürostühle, auf denen die Obdachlosen bei ihrer Begegnung saßen, wurden für die Künstlerin zum Synonym. In den Bildern sind sie Platzhalter für die Heimatlosen in der Masse der kindlich gekritzelten Einfamilienhäuschen der Normalität. In filmischen „Zeichnungen“ karikiert Roswita Weingrill Befindlichkeiten, das animierte Selbstportrait nennt sich „Jammerlappen“ und die wilde Gestik der Fotografen, ausgelöst durch die Architekturikone „Unité“, wird ebenso verarbeitet wie Spam-Mails, deren Absender sie in Gruppenportraits personifiziert. Sehr sympathisch auch Weingrills Zeichnungen auf der Verpackung von Billigleinwänden, wie „HaHaHa, ich bin der Antiwitz“, die die Hülle zur Kunst erheben. Installatives wird in die Auslage des Stadtmuseums verfrachtet, wo sich „Bitte, Bitte!“ aber auch sehr gut macht. Immerhin soll der drei Meter lange „Scherengreifarm“ die Distanz versinnbildlichen, die zwischen den Gebenden und den zum Betteln Gezwungenen immer noch herrscht. | ep Bis 15.11. im Stadtmuseum Graz
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