Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Biomasse als Klimaretter?
Freitag, 16. Oktober 2009
Der bekannte Biomasseguru und emeritierte Professor für Wärmetechnik Dr. August Raggam hat sein Buch „Biomasse stoppt Klimawandel“ überarbeitet und neu aufgelegt. In einer lebhaften Podiumsdiskussion wurde Mitte September anlässlich der Präsentation des Buches über neue Wege der Energieversorgung diskutiert. Über das Tempo der dazu notwendigen Veränderungsprozesse waren sich jedoch nicht alle Teilnehmer einig.

Die zentralen Thesen Raggams sind inzwischen durch die Klimaforschung bestätigt: Biomasse ist zum Feststoff gewordene Sonnenenergie, die weltweit im Überfluss vorhanden ist und deren sinnvolle Nutzung die CO2-Emissionen eindämmen hilft. Durch die Erwärmung der Atmosphäre besteht die Gefahr, dass im Boden und Wasser gelöstes Kohlendioxid zusätzlich den Treibhauseffekt verstärkt. Zur Verhinderung dieses Prozesses ist auch der Wiederaufbau der durch Landwirtschaft arg geschädigten Humusschichten entscheidend, lautet die Botschaft von Raggam. Durch den Ersatz der fossilen Energieträger durch heimische Biomasse könnten alle brennenden Probleme der Gegenwart gelöst werden, lautet seine etwas enthusiastische Botschaft.


Hitzige Diskussion. In der anschließenden von Mag. Josef Kaltenegger (Ökosoziales Forum) geleiteten Diskussion zeichneten sich bei allem Optimismus sehr unterschiedliche Positionen ab. Die Vetreter der Energieversorger DI Wolfgang Malik (Vorstandsdirektor Graz AG) und Dr. Gert Heigl (GF Energie Graz) plädierten für eine Nutzung der bestehenden Fernwärmepotenziale sowie die Intensivierung der Wohnraumdämmung, um die Klimaziele zu erreichen. Erst als langfristige Perspektive kommt der Ausstieg aus Erdgas in Betracht, da so Heigl „der Energiehunger in Europa unabsehbar weiter steigen“ werde.
Der Grazer Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl sprach sich für das Festhalten an optimistischen Visionen aus, „um so das Herz über alle Hindernisse zu werfen“. Die Wasserkraftwerke im Süden von Graz sind für ihn daher im Sinne einer Stärkung der erneuerbaren Energie unverzichtbar, aber auch das geplante Gaskraftwerk in Mellach sei notwendig, um die Fernwärmeversorgung von Graz sicherzustellen.

Konträre Positionen. Raggam plädiert im Gegensatz zu diesen Vorstellungen für einen Ausbau der regionalen Energienetzwerke, die wie das erfolgreiche Modell Güssing eine energieautarke Zukunft Österreichs ermöglichen würden. Eine ähnliche Auffassung wurde in der allgemeinen Diskussion von Vetretern des Saalpublikums eingenommen. DI Wolfgang Jilek, Landesenergiebeauftragter der Steiermark, relativierte die Rechnungsmodelle von Raggam, die der wirtschaftlichen Realität großteils zuwiderliefen. Als eine Folge der mangelhaften Förderung erneuerbarer Energie sänke deren Anteil am Gesamtverbrauch seit Jahren gleichmäßig, sodass “wir von einer Energieautarkie weiter denn je entfernt sind“. Als langfristige Lösung seien wir gefordert, unsere Modelle von Wirtschaftswachstum und Technologiegläubigkeit zu überdenken, und eine ehrliche Gesamtkostenrechnung statt betriebswirtschaftlicher Rentabilität zu verfolgen.
 | Josef Schiffer

» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >