Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Frauen, hört die Signale!
Freitag, 16. Oktober 2009

Kommentar der Frauenbeauftragten - von Maggie Jansenberger

Jetzt sind drei Frauen in der steirischen Landesregierung vertreten. Nicht schlecht, das macht einen Frauenanteil von 33,33 % aus. Nach jahrzehntelangen Forderungen von Quotenregelung wollen wir gestärkt durch diesen 33,33%-Frauenanteil einen Blick auf die mediale Berichterstattung zum Thema „Regierungsumbildung“ werfen:
Während sich der neue Landesrat Schrittwieser zum Amtsantritt „voller Elan“ gibt, ist die neue Landesrätin Grossmann „eine Frau für heiße Eisen“, die „sich die Kraft für ihr Amt in der Natur holt“.

Neben den politischen Biografien der neuen Regierungsmitglieder erfahren wir u. a., dass die Landesrätin „Mutter zweier Söhne“ ist, einen Hund namens Romeo hat und „den Umgang mit Menschen in Nöten aus eigener Erfahrung kennt“. Über den Landesrat erfahren wir, dass er als „bodenständiger, bulliger Lokal- und Landespolitiker gilt“ und dass er „den Job im Land praktisch wie seine Westentasche kennt“. Der Landeshauptmann richtet via Zeitungen aus, dass  die Landesrätin „eine wunderbare, starke Frau mit viel politischer Erfahrung“ ist, der Landesrat wiederum „als gelernter Schlosser, Vertrauensmann und langjähriger Arbeitnehmervertreter das Signal an die Arbeiterschaft“ ist. Außerdem wissen wir nun, dass dem Landeshauptmann wichtig war, dass „eine weitere Frau in der Regierung sei und noch dazu eine mit hoher sozialer Kompetenz“. Damit sind die Rollen verteilt. Hier der erdige, energetische Mann der Arbeiterschaft, scheinbar ohne jegliche private Anbindung, dort die sozial kompetente, die Natur liebende Hundebesitzerin und Mutter. Für die Erkenntnis, dass der Landesrat Vater ist, müssen wir in Eigenrecherche die Website des Landes Steiermark bemühen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Es ist nichts Unehrenhaftes dabei, bodenständig zu sein oder einen Hund zu besitzen. Fragwürdig ist aber, wie die mediale Berichterstattung Politiker und Politikerinnen in Geschlechterstereotypen presst und damit die Rollenvorstellungen von Frauen und Männern mitprägt. Mit Gesagtem und Ungesagtem. Mit zu Erfahrendem und nicht zu Erfahrendem.
Um Missverständnissen vorzubeugen: die mediale Berichterstattung informiert uns ebenso über politische Inhalte; dass sie hier letztlich oft nur aus der Wahlkampfrhetorik schöpfen kann, ist nicht ihre Baustelle. Regelmäßig in Wahlkämpfen entdecken die tonangebenden Männer aller Couleurs die Zielgruppe „Frauen“. Dann senden sie uns rhetorische oder personifizierte Signale. Jenseits des Wahlkampfs aber sind die Politikerinnen mit den patriarchalen Strukturen innerhalb ihrer Parteien konfrontiert. Ungläubigkeit? „In erster Linie ist das ein großes Signal an die Frauen“, lässt uns der Landeshauptmann über die Personalrochade wissen. Hoppla. Andernorts ist vom selben zu lesen: „Die ganze Regierungsumbildung sei im Endeffekt von Flecker abhängig gewesen. Und hätte er „nein“ gesagt, wäre die Rochade nicht passiert“. Also was nun? Rochade mit dem Ziel, ein Signal an die Frauen zu senden oder doch ein innerparteilicher Deal unter Männern?
Um Missverständnissen vorzubeugen: die Kompetenz der drei Regiererinnen soll hier keineswegs angezweifelt werden. Aber  wer entscheidet letztlich, wann der Zeitpunkt gekommen ist, diese Kompetenzen auch zeigen zu dürfen?
War es nun ein Signal an die Frauen, dann muss das auch im Budget des Frauenressorts Niederschlag finden. War alles ein Männerdeal, dann, Frauen, hört die Signale!

Maggie Jansenberger,
Unabhängige Frauenbeauftragte der Stadt Graz

maggie.jansenberger@stadt.graz.at
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