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Von Angesicht zu Angesicht mit dem „steirischen“ Keltenfürsten |
Archiv - Kultur | |
Dienstag, 11. April 2006 | |
Foto: Dr. Diether Kramer (li.) erläutert Restaurierung und Rekonstruktion der einzigartigen Fundstücke am Labortisch in der Ausstellung.
Einer der bedeutendsten archäologischen Funde der Hallstattzeit wird nach aufwändiger Restaurierung nun erstmals in den Ausstellungsräumen der Ur- und Frühgeschichtlichen Sammlung in Schloss Eggenberg der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Es handelt sich dabei um den Inhalt des Fürstengrabes „Kröllkogel" bei Kleinklein in der Weststeiermark, das mit der reichhaltigsten Ausstattung der Osthallstattkultur aufwarten kann. Der Letzte seines Geschlechts. Der namenlose Keltenherrscher – aus der frühen Eisenzeit gibt es nur sehr spärliche schriftliche Aufzeichnungen – war der letzte Vertreter einer bedeutenden Dynastie, die über beinahe zwei Jahrhunderte hinweg das Gebiet der Weststeiermark beherrschte. Während jener Zeit wirkten die griechische und die etruskische Zivilisation auf die kulturelle Entwicklung dieses Raumes nachhaltig ein, was sich in stilistischen Einflüssen und den Austausch von Handelswaren niederschlug. Um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr., ehe sich ihre Spuren wieder im Dunkel der Geschichte verlieren, wurden die Brandreste des Herrschers in einem riesigen Grabhügel bestattet – mit ihm auch zwei weitere Menschen, eine Frau und ein Knappe, Pferde und zahlreiche weitere prächtige Beigaben. Aus dem Kröllkogel konnte außerdem der vollständigste Waffensatz der Hallstattkultur, bestehend aus Helm, Panzer, Schild und Schwert sowie sieben Lanzen und drei Beilen, geborgen werden. Von Einfluss und Reichtum des Toten künden daneben die zahlreichen aufwändig verzierten Bronze- und Tongefäße. Die Entdeckung der Nekropole. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das weitgehend unversehrte und riesige Gräberfeld einer keltischen Höhensiedlung bei Kleinklein im Sulmtal von Bauern entdeckt. Gezielte wissenschaftliche Grabungen in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg an den Fürstengräbern förderten Aufsehen erregende Funde zu Tage, u.a. die für Mitteleuropa einzigartige Maske des Fürsten und die beiden Hände aus Bronze. Dabei handelt es sich nicht wie ursprünglich angenommen um eine Totenmaske, wie die berühmte Maske des Agamemnon, sondern um ein Abbild des Herrschers in sakraler Körperhaltung. Die einzelnen Teile waren vermutlich an einer Holzsäule befestigt, wie zeitgenössische Funde belegen. Aufgrund der Bedrohung der Grabhügel durch Erosion und illegale Grabungen wurde von Dr. Diether Kramer, dem Leiter der - und Frühgeschichtlichen Sammlung, die vollständige Ausgrabung des Kröllkogels in die Wege geleitet, mit dem Ziel sämtliche noch vorhandenen Befunde zu dokumentieren und die von früheren Ausgräbern nicht beachteten Relikte, besonders Keramiksplitter, zu bergen. Langwierige Restaurierungsarbeiten. In Anbetracht der unschätzbaren Bedeutung der hallstattzeitlichen Funde wurde die Restaurierung der zahlreichen Objekte vom Landesmuseum Joanneum in Zusammenarbeit mit dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz in Angriff genommen, die sich schon bei der Restaurierung des Strettweger Kultwagens bewährt hat. Nach fast zehnjähriger Rekonstruktionsarbeit konnten die Schätze aus dem Fürstengrab in die Steiermark zurückkehren. Laut Eisenzeit-Spezialist Dr. Markus Egg aus Mainz geben die Funde wertvolle Auskünfte über die Machtverhältnisse und Sozialstrukturen der keltischen Kulturen in Zentraleuropa. Die Ausstellung gewährt daneben faszinierende Einblicke in den Alltag der frühen Eisenzeit: Die Abbildungen auf den großen Bronzegefäßen berichten von religiösen Festen, von sportlichen und musischen Wettkämpfen sowie der Jagd und Kriegszügen. Die detektivische Kleinarbeit der Archäologen wird anhand eines Labortisches, der die einzelnen Schritte der Rekonstruktion von Objekten anschaulich vor Augen führt, lebendig und didaktisch anregend dokumentiert. Im Anschluss an die laufende Sonderausstellung werden die Exponate in der ständigen ur- und frühgeschichtlichen Sammlung in Schloss Eggenberg zu sehen sein, deren Wiedereröffnung für Herbst 2007 geplant ist. Josef Schiffer Zeiten: 10. März bis 27. August 2006, Di bis So 10–18 Uhr, ab Palmsonntag auch Do 10–20 Uhr. Führungen: Samstag, Sonntag und Feiertag jeweils 14 Uhr. Ort: Ur- und Frühgeschichtliche Sammlung am Landesmuseum Joanneum, Schloss Eggenberg
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