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Symposium zur Sammlung Prinzhorn im Stift Admont
Donnerstag, 17. September 2009
Die künstlerische Arbeit psychisch kranker Menschen hat im Laufe der letzten hundert Jahre unterschiedliche Wertungen erfahren. Dass sie überhaupt als Kunst ernst genommen wurde, ist zum einen der Avantgarde der Wende vom 19. um 20. Jahrhundert zu verdanken, zum anderen der Arbeit eines Mannes, der einen großen Teil seiner wissenschaftlichen Tätigkeit diesem Thema widmete: dem deutschen Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn.
Noch bis 8. November sind 120 Exponate der Sammlung Prinzhorn im Museum des Stiftes Admont zu sehen – und in einem interdisziplinären Symposium werden internationale Fachleute zum Thema „Schöpfungen“ im Spannungsfeld von Kunst, Medizin, Therapie und Gesellschaft referieren.

Im Sinne des Ordensgründers.
Warum die obersteirischen Benediktinerpatres die Ausstellung in ihr Museum geholt haben, erläutert Subprior Winfried Schwab: „Schon 1995 haben wir darüber gesprochen, die Sammlung Prinzhorn hier in Admont zu zeigen: Zum einen, weil unser Museum jeder Form von qualitätsvoller zeitgenössischer Kunst offen steht – das ist eine Grundsatzentscheidung, die wir bei seiner Neugestaltung gefasst haben –, und zum zweiten, weil das Thema dieser Schau sehr viel mit unserem Ordensgründer zu tun hat.“ Benedikt von Nursia gilt bekanntlich nicht nur als Begründer des christlichen Mönchtums, sondern auch der Krankenpflege im Kloster; man solle den Kranken wie Christus dienen, heißt es in der Regula Benedicti. Diese Haltung stehe in diametralem Gegensatz zur menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus, der einige der KünstlerInnen zum Opfer fielen, deren Werke in der Sammlung Prinzhorn vertreten sind, betont Schwab. Bekanntlich dienten ja Werke der Sammlung den Nationalsozialisten auch als Vergleichsmaterial für die Ausstellung „Entartete Kunst“, mit der das NS-Regime 1937 seine „kultur“politischen Ziele für alle offensichtlich machte.

„So ist der Mensch.“ Als Höhepunkt der Ausstellung im Stift Admont wird am 09. und 10. Oktober ein zweitägiges Symposium stattfinden, das Fachleute aus dem Kulturbereich (so etwa den Medienkünstler Johannes Deutsch und den Fotografen Edgar Lissel sowie den Komponisten und Lyriker Manos Tsangaris aus Köln), aus der Medizin (die Psychiater Marc Nairz, Wien, und Ferenc Jádi, Berlin), aus der Literatur- Und Kulturwissenschaft (Gisela Steinlechner und Peter Gorsen, Wien) und der Soziologie (Roland Girtler, Wien) versammeln wird.
Wie beurteilen die psychiatrische Wissenschaft und die Kunsttheorie heute, nach den Erfahrungen von Prinzhorn, aber auch von Navratil und seinen Nachfolgern in Gugging, die Kunst psychisch kranker Menschen? Für den Psychiater und Kunsttherapeuten Ferenc Jádi sind die Bilder weniger vom Standpunkt einer kunstimmanenten Beurteilung her wertvoll – „auch wenn gerade in der Ausstellung Bilder zu sehen sein werden, die von einer berührenden Archaik sind“, sondern eher vom psychologischen Standpunkt aus interessant: „Die wenigen Psychotiker, die sich die Hilfsmittel der bildenden Kunst zu eigen gemacht haben, haben Beweisstücke geschaffen für das, was in ihnen vorgeht und was man nicht fassen kann – Illustrationen der Vorstellungen, die sie bedrängen, die mit wahnwitziger Akribie geschaffen wurden. Diese Bilder wollen vor allem zeigen: So ist der Mensch, der sie hervorgebracht hat.“
| cs

Infos zur Ausstellung und zum Symposium: www.stiftadmont.at
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