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Wagna und Bretstein: Gedenken an NS-Opfer
Montag, 13. Juli 2009
Am 28. Juni wurde das „Wächterhaus“ von Helmut und Johanna Kandl in Wagna der Öffentlichkeit übergeben. Das erste Mal seit 64 Jahren erinnert damit vor Ort eine Intervention an die Opfer der örtlichen Außenstelle des KZ-Mauthausen. Bereits einen Tag zuvor gedachte man im obersteirischen Bretstein der Opfer des Nazi-Regimes. Gemessen daran, wie viel Zeit seit der Befreiung vom Faschismus und der damit verbundenen Schleifung des KZ-Außenlagers Aflenz an der Sulm vergangen ist, ging der Prozess der Errichtung des Denkzeichens in der Marktgemeinde Wagna verhältnismäßig zügig vonstatten. Im März 2008 vom Institut für Kunst im öffentlichen Raum ausgeschrieben, folgte am 28. Juni des heurigen Jahres die feierliche Eröffnung des Siegerprojekts „Wächterhaus“ des Wiener Künstlerpaares Helmut und Johanna Kandl.

Es ist bei Tag besehen eine dezente Intervention, die das Künstlerpaar am ehemaligen Wachtpostenhaus des KZ-Außenlagers Aflenz an der Sulm vorgenommen hat. Über den denkmaltechnisch gesicherten Überresten prangt nun der Schriftzug „Wächterhaus“ in schlichten Lettern. Der Innenraum des Wächterhauses macht die aktualisierte Bedeutungsgebung noch deutlicher. Hier thematisiert ein – maßgeblich vom Sozialhistoriker Joachim Hainzl mitgestalteter – Infoscreen gegenwärtige Formen von Alltagsrassismen und Menschenrechtsverletzungen. Sensibel –  und eben „wachsam“ –  auf deren Auftreten zu reagieren, insinuiert das „Wächterhaus“, das – wie Werner Fenz vom Institut für Kunst im öffentlichen Raum ausführte – eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart herzustellen sucht.

Neben Fenz wohnten der Eröffnung Bürgermeister Peter Sunko, Soziallandesrat Kurt Flecker, NAbg. Josef Muchitsch (SPÖ) sowie die Abgeordneten zum Steirischen Landtag Ernest Kaltenegger (KPÖ) und Edith Zitz (Grüne) bei. Bundespräsident Heinz Fischer, der terminlich verhindert war, übermittelte eine Grußbotschaft. Davon, dass „die Aufarbeitung der Schrecken des Nationalsozialismus nach wie vor eine moralische Aufgabe und ein wichtiges Element der politischen Kultur in Österreich [ist]“, war darin die Rede. Und Albert Langanke, Generalsekretär des Internationalen Mauthausen Komitees, bedankte sich im Namen der ehemaligen Häftlinge für das Denkzeichen, das er angesichts der jüngsten Wahlerfolge rechtsextremer Parteien als einen  „Akt der demokratischen Selbstverteidigung“ wertete. Ins selbe Horn stieß auch Landesrat Flecker, der in seiner Rede beide Großparteien aufrief, ausreichend Distanz zu jenen Kräften zu wahren, die sich dem „antifaschistischen Grundkonsens der 2. Republik“ nicht verpflichtet fühlen. „Denn wenn sich wer nicht erinnert und wenn nicht gedacht wird, heißt das, dass keine Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden.“

Bereits am 27. Juni gedachte man im obersteirischen Bretstein der Opfer des NS-Regimes. Am Gelände des ehemaligen Außenlagers hielt in diesem Jahr der Schriftsteller Ludwig Laher die Gedenkrede.   Nicht so sehr ob, sondern wie den Opfern des NS-Regimes zu gedenken sei, stand im Mittelpunkt seiner Rede. Eine Fragestellung die in Tagen, da das Erinnern vom Anliegen einiger weniger Marginalisierter zum common sense bestehender staatspolitischer Geschichtspolitik avanciert ist, mehr denn je Beachtung verdient.
|sts
» 1 Kommentar
1"mag.a"
am Samstag, 8. August 2009 18:40von edith zitz
die steirische gedenkkultur hat mit bretstein und aflenz und einigen anderen ehemaligen kz-nebenlagern erinnerungsstätten, die leider nach wie vor "topaktuell" bleiben.  
die historische aufarbeitung des widerstandes, der politische respekt und die reverenz vor jenen, die dies wagten, und klate abgrenzung gegenüber rechtsaussen-strömungen bleibt ein zentraler gesellschaftlicher auftrag für eine emanzipierte steiermark..
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