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Als Betrachter einer Weltbetrachtungsmaschine
Montag, 13. Juli 2009
Der Künstler Wendelin Pressl betreibt analoge Feldforschung im Luna Park – und im Studio der Neuen Galerie. Der Luna Park als reale Welt der Attraktionen, ehemals New Yorks großer Spielplatz auf Coney Island, und als eine konstruierte Ideenwelt – vom Künstler im Galerieraum abgesteckt, eine prozesshafte Zustandsbeschreibung der Umkreisung eines Themas, das bei Wendelin Pressl in den verschiedensten Medien voranschreitet.

Um die Welt kreisen. Kernphänomen des Luna Park ist eine riesige „Weltbetrachtungsmaschine“, das größte voll schwenkbare Radioteleskop in Effelsberg. Es findet sich am Flyer als Postkarte in den Händen des Künstlers wieder, tastet als kleines Souvenirtellerchen in einer Drehbewegung ebenso karussellartig den Himmel ab wie sein großes Vorbild und wird in einer Fotoserie als verwirrendes Stahlgebilde, die Tragstruktur des Teleskops, von Wendelin Pressl wiederum in die Hand genommen. Der „Barrel of Love“  war ebenfalls im Luna Park zu Hause – eine Belustigungsmaschine, die in einer durch und durch prüden Zeit viel Körperkontakt provozierte, wird bei Pressl zum Überwachungs-Täuschungselement. Eine Apparatur in Rotationsbewegung dient hier dazu, den Raum nicht für den Besucher, aber für den Überwacher zum drehenden Fass werden zu lassen. Auch die Arbeit „Boss“ fixiert die Drehbewegung als Stimmungselement: Ein Windrad wird über eine mit Handkurbel gedrehte Kamera im Video in seiner Rotation eingefroren und für den Betrachter zum Stillstand gebracht.

„Rollercoaster“, eine verwirrende Gerüststruktur durch den Innenhof der Neuen Galerie, bleibt kühnes Konzept, „Astroland“ ist eigentlich eine Filzstiftzeichnung und gibt nur optisch als Leuchttisch eine Teleskopaufnahme des Sternenhimmels vor. Und Google Earth und die Vermessung der Welt wird in seinen hyperrealen Darstellungsformen als fehlerhaftes System entlarvt, das nur vorgibt, die Realität abzubilden. Schein und Sein – Referenzen auf zwei Wirklichkeiten, die einander wechselseitig überblenden. Eine Erleuchtung und ein kleines Gesamtkunstwerk. Bis 26.07. in der Neuen Galerie.

| Eva Pichler
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