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Märchenhafte Schwestern |
Montag, 13. Juli 2009 | |
CocoRosie auf der neuen Kasematten-Bühne am Grazer Schlossberg: der Höhepunkt des Kulturprojekts absultely free.
Neverland nannte der verstorbene Michel Jackson dereinst seine Traumwelt, eine 1100 Hektar große Ranch im Santa Barbara County, Kalifornien. Neverland, nicht zu verwechseln mit Graceland, dem Anwesen Elvis Presleys in Memphis, Tennessee, bezeichnete lange davor aber noch etwas anderes, der King of Pop hatte quasi abgekupfert. Ins Nimmerland verpflanzte J. M. Barrie Anfang des 20. Jahrhunderts die Geschichte seiner bekanntesten literarischen Figur: Peter Pan, der Junge, der niemals erwachsen wird, lebt demnach im Neverland, eigentlich eine Insel, auf der er die „lost Boys“ anführt und wo sich Elfen, Piraten, Indianer, Meerjungfrauen und Kinder das Dasein teilen. Es ist nicht überliefert, ob sich CocoRosie, die Schwestern Sierra und Bianca Casady, im Neverland von J.M. Barrie zurecht gefunden oder gar wohl gefühlt hätten, die atmosphärische Grundstimmung, die ihr Auftritt am Grazer Schlossberg herbeizauberte, ließ allerdings vermuten, dass sie von Märchen samt Brimborium ziemlich viel Ahnung haben: Da wurden fabelhafte Bildwelten projiziert, Mixer als Instrumente umfunktioniert und mit Kinderspielzeug-Trash-Utensilien hantiert, die in den 1980er Jahren jedem Volksschuldkind ein Zeitvertreib am Heimweg waren. Abseits der schimmernden Inszenierung dieser Märchenwelt punkteten Bianca Leilani „Coco“ and Sierra Rose „Rosie“ Casady vor allem mit ihren starken Stimmen, teils klassisch, teils kindlich-anmutend eingesetzt. Female-Pop. So passten zumeist auch die stimmlichen Variationen zur fabelhaften Aufführung dieses Abends, schrill, exaltiert und surreal lautete die Devise. Für die Krönung des Genre-Mix sorgten ferner leicht beschwingte Rap-Einlagen und nicht zuletzt einige, zartbittere, vor Sentiment strotzende Nummern, die die Publikumsschar am Schlossberg augenblicklich mucksmäuschenstill werden ließen. Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben darf die feministische Selbstbestimmtheit, mit der CocoRosie sowohl textlichen, als auch performativ stets auf den Plan treten: Ob die Laszivität, die dabei mitunter transportiert wird, zum Neverland von J. M. Barrie gepasst hätte, ist zweifelhaft – dem wunderbar fantastisch-märchenhaften Abend hat sie jedenfalls nicht schlecht getan. | gis
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