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Ein katalanischer Mikrokosmos – „Tapas“ im KIZ
Mittwoch, 10. Juni 2009
Wer „Tapas“ auf gut Steirisch mit „Schmankerln“ übersetzt, träfe bei diesem Meisterwerk den Ton nicht; denn Charaktere, wie sie die Regisseure José Corbacho und Juan Cruz auf die Leinwand bringen, blühen in dieser Intensität nur in ihrer katalanischen Heimat – genauer: in Barcelona; noch genauer: in L’Hospitalet de Llobregat, einem Vorort der katalanischen Metropole.
Corbacho und Cruz wissen jedenfalls, was in L’Hospitalet de Llobregat abgeht – schließlich sind sie selbst dort aufgewachsen. Der Film kreist um eine Tapas-Bar: Dort laufen die Schicksalslinien der ProtagonistInnen zusammen, dort trifft man sich – und nicht zuletzt rankt sich eine der Episoden des Filmes um den Inhaber der Bar, den grantigen Wirt  Manolo. Er hat seine Frau Rosalia so vergrault, dass sie ihn verlassen hat; als Aushilfe hat er den chinesischen Koch Mao einstellen müssen, den er – obwohl er früher als Chefkoch in einem erstklassigen Etablissement tätig war – nicht anders behandelt als zuvor seine geflohene Ehefrau. Um die Ecke arbeitet Raquel in einem Lebensmittelgeschäft und sehnt sich nach Liebe; sie chattet mit einem Argentinier, der sie – vielleicht – irgendwann einmal besuchen kommen wird. Für eine Weile erfüllt César ihr den Wunsch nach einem realen Liebhaber, bevor er auf Urlaub fährt; schon lange träumt er davon, mit seinem Kumpel Opo am Strand Touristinnen zu vernaschen. Bevor die beiden aber ihr Vorhaben in die Tat umsetzen, decken sie sich noch mit Drogen ein, die sie von Conchi beziehen. Conchi ist eine Rentnerin, die in der Tapas-Bar als Dealerin unterwegs ist, weil sie Geld für die Heilung ihres todkranken Mannes benötigt.

Verständnisvolle Haltungen. „Tapas“ ist ein bunter Bilderbogen von Schicksalen, wie sie in einem Viertel an der Tagesordnung sind, wo MigrantInnen, Arbeitslose, PensionistInnen leben, jede/r mit ihren/seinen Hoffnungen, Träumen. Auf unprätentiöse Art huldigt dieser Film dem Pragmatismus der „kleinen Leute“, fernab der „großen Lösungen“; wenn er auch manchmal den Überlebenswillen seiner ProtagonistInnen mit mildem Zynismus beäugt, so bezieht er seinen Charme nicht aus Tabubrüchen, sondern aus der verständnisvollen Haltung, mit der er diese HeldInnen des Alltags durch die Herausforderungen und Zumutungen begleitet, die das Leben für sie bereithält.
| pm

Tapas:  Spanien, Argentinien, Mexiko 2005; Regie und Buch: Jose Corbacho, Juan Cruz.. Mit: Mit: Angel de Andres Lopez, Maria Galiana, Elvira Mínguez, Ruben Ochandiano, Alberto de Mendoza, Alberto Jo Lee. Kamera: Guillermo Granillo. Musik: Pablo Sala; 94 Min. 35mm. Farbe. 1,85. Dolby Digital. Spanisch. OmU. Ab 14.

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