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„Das Soziale nun untrennbar mit dem Markt verbinden“
Mittwoch, 10. Juni 2009
KORSO befragt die Spitzen der steirischen Landespolitik zu ihren Strategien gegen die Krise; diesmal sprach KORSO-Herausgeber Christian Stenner mit Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer.

Der Tourismus soll infolge der aktuellen Krise heuer im Österreich-Durchschnitt um 4% schrumpfen; welche antizyklischen Maßnahmen haben Sie als Ressortverantwortlicher getroffen?
Wir werden eine Qualitätsoffensive starten, auch im Hinblick auf die Ski-WM 2013 in Schladming, das ist ein großes Programm mit 20 Millionen Euro  …

Ist die WM-Finanzierung eigentlich gesichert? Der Bund rudert ja zurück.
Der Bund ist säumig, da handelt es sich ausschließlich um Landesmittel. Wir werden in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Bank für Hotellerie und Tourismus die Beherberger mit solchen Förderungen ausstatten, dass sie investieren können. Darüber hinaus werden wir die Themenzimmer – „Winzerzimmer“, „Romantikzimmer“, „Almenlandzimmer“ – weiter forcieren, weil wir da mit einem vertretbaren Mittel einsatz der öffentlichen Hand ein großes Investitionsvolumen auslösen. In Kürze werden die Thermen Bad Mitterndorf und Bad Aussee fertig. Und wir werden investieren, um die Schigebiete noch attraktiver zu machen – durch Beschneiungsanlagen und neue Seilbahn-Angebote; das betrifft die Tauplitz, Bad Mitterndorf, die Riesneralm, das Lachtal. Dafür nehmen wir insgesamt in den nächsten eineinhalb Jahren 10 Millionen in die Hand.


Wie erleben Sie die Situation vor Ort, ist die Krise schon real im Tourismus angekommen?
Wir haben einen Rekordsommer und einen Rekordwinter hinter uns – das kann mit oder ohne Krise nicht so weitergehen. Hoteliers der 4- und 5-Stern-Kategorie sagen mir, dass sie langsam Auswirkungen des Einbruchs spüren; die mittelständische Wirtschaft spürt nach Aussage der UnternehmerInnen noch nichts davon.
Könnte das damit zusammenhängen, dass zum einen Menschen, deren Kaufkraft sinkt, im näheren Umfeld urlauben und man sich zum anderen mit günstigeren Angeboten zufrieden gibt?
Am letzten Sonntag hat mir ein Wirt im Gespräch erzählt, dass sein Geschäft sogar besser geht, die Leute wollen reden, kommen deswegen ins Wirtshaus, essen ein Gulasch und trinken ein Bier. Und: Ich höre aus allen Regionen, dass die Buchungen für den Sommer gut sind, dass die Menschen aus ganz Ostösterreich in die Steiermark zum Urlauben kommen. Insofern könnte die Krise auch eine Chance für den Tourismus sein.

Zurück zu den Thermen: Es gibt neue Studien, wonach die Thermen anfangen sich gegenseitig zu kannibalisieren – macht’s da noch Sinn, neue zu errichten?
Die Therme, die wir gerade jetzt noch bauen und die im Doppelpack mit Bad Aussee fertig wird – nämlich Bad Mitterndorf – wird allen Prognosen zufolge gut gehen. Abgesehen davon sage ich auch: Um Gottes Willen keine neuen Thermen, außer solche mit Alleinstellungsmerkmal. Und da sehe ich zur Zeit keinen Bedarf: Wir haben seit 18 Jahren unverändert 1,7 Mio Thermengäste, aber immer mehr Thermen. Unser Trumpf heißt aber Qualität, wir müssen die bestehenden Thermen qualitativ weiter verbessern.

Sie sind als Gemeindereferent auch zuständig für die ÖVP-Gemeinden; aufgrund sinkender Steuereinnahmen werden auch die Mittel aus dem Finanzausgleich sinken. Wie werden Sie den Gemeinden unter die Arme greifen?
Wenn in den Gemeinden ohnehin bestimmte Vorhaben durchgeführt werden müssen, dann ist jetzt die Zeit da, sie vorzuziehen. In den 360 Gemeinden, die zu meinem Ressort gehören, werden aufgeteilt auf mehrere Jahre an die 200 Mio für kleine Konjunkturprojekte aufgewandt werden. Bedingung ist, dass es zukunftsfähige Projekte sind – wie Schulneu- oder -umbauten oder Kindergartenneubauten. Dazu gehört z.B. auch die Sanierung der Gemeindewege. Vor allem aber – und das geht über die Gemeinden weit hinaus – müssen wir uns darum kümmern, dass neue, zukunftsfähige Jobs geschaffen werden. Darum habe ich die Green-Jobs-Initiative gestartet. Durch die Umstellung der Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser aus Biomasse und Solarenergie können 17.500 Arbeitsplätze innerhalb der nächsten fünf Jahre geschaffen werden, weitere 8.500 durch die Forcierung der thermischen Sanierung.


Ihr persönliches Motto ist „soziale Gerechtigkeit durchsetzen“ – schmerzt es Sie da nicht, dass für die Rettung der Banken Hunderte Milliarden Euro da sind, während mit wesentlich weniger Engagement vorgegangen wird, wenn es um die Kaufkraft der kleinen Leute geht?
Das fragt man mich in den Gemeinden auch immer wieder. Die Rettung des Bankenplatzes Österreich war unbedingt nötig; wir müssen aber das Soziale nun untrennbar mit dem Markt verbinden und vor allem die Globalisierung Regeln unterwerfen, damit den paar hundert Spekulanten, die die Weltordnung durcheinander gebracht haben, das Handwerk gelegt werden kann.

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