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Das „Gold der Steppe“: Skythische und sarmatische Sensationsfunde in Leoben
Mittwoch, 13. Mai 2009
Das Dutzend ist voll: Die zwölfte der Leobner ethnologischen Großausstellungen überbietet alle bisherigen – die ja selbst schon zum großen Teil internationales Niveau hatten – an Qualität und Attraktivität für ein Laien- ebenso wie für ein Fachpublikum.
Wenn Kurator Winfried Seipel über sein neuestes Kind – die Schau „Das Gold der Steppe“ in Leoben – spricht, gerät er selbst ins Schwärmen: „Erstmals in der Geschichte werden die schönsten und relevantesten Exponate der historischen Museen von Asow und Kiew und der Eremitage von St. Petersburg gemeinsam gezeigt, und erstmals umfasst eine Ausstellung die Zeit der Skythen und jene der Sarmaten, vom siebenten vorchristlichen bis zum vierten nachchristlichen Jahrhundert.“ Besonders bemerkenswert ist, dass für diese Schau ukrainische und russische Institutionen unter Hintanstellung der Tatsache miteinander kooperierten, dass die politische Wetterlage zwischen den beiden Staaten derzeit eher ein Tief anzeigt.

Grabbeigaben. Die Reitervölker der Skythen und Sarmaten, die, aus dem Osten, vermutlich aus dem südsibirischen Raum kommend, auf ihren Streifzügen die östlichen Steppen zwischen Ungarn bis in die Mongolei durchwanderten, einte ein ausgeprägter Jenseitsglaube: Nach dem Tod eines Fürsten mussten diesem seine Frau und ausgewählte DienerInnen in sein Hügelgrab folgen, wie bereits der griechische Historiograph Herodot im  fünften Jahrhundert beschrieb. In diesen mit einem ursprünglich aus dem Türkischen stammenden Begriff „Kurgane“ genannten Gräbern fanden sich aber auch Unmengen an Grabbeigaben, wobei solche aus Gold auch deswegen dominieren, weil sie alle anderen überdauerten. Es handelt sich dabei um Artefakte von einer Pracht und Kunstfertigkeit, die so gar nicht dem Vorurteil von den östlichen Barbaren entsprechen: Dolchscheiden, Diademe, Riemen- und Gürtelschnallen, Armreife, aber auch Flacons und Schalen verschiedener Art, geschmückt zumeist mit figürlichen Darstellungen aus Mythologie und Götterwelt, aber auch aus der  unmittelbaren Lebenswelt: Jagd- und Raubtiere, Hirsche, Elche, Pferde, Löwen, daneben mythologische Greife.
Highlights der insgesamt über 200 Objekte sind u.a. ein wunderbar gearbeitetes Pektorale aus Tolstaja Mogila aus der Gegend von Dnipropretowsk (das als nahezu einziges Exponat als Kopie zu sehen ist), ein helmähnliches Objekt, vermutlich eine Art von Kopfbedeckung, das ebenso wie das Pektorale aus dem 4. Jahrhundert  vor Christus stammt, mit der in Gold getriebenen Darstellung eines Kampfes von vier jungen gegen zwei ältere Krieger, mehrere Gürtelplatten mit Tierkampfszenen aus der gleichen Epoche und ein Köcherbeschlag mit der detailreichen Darstellung von  Szenen aus dem Leben des Achilles. Gröber gearbeitet  und von stärker archaischem Charme sind die späteren sarmatischen Artefakte, darunter finden sich auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie Krüge und Kessel.
Der bei der Eröffnung ebenso wie seine KollegInnen aus Asow und der Eremitage anwesende Generaldirektor des Nationalmuseums der Ukraine, Sergei Tschaikowski, streute den Leobner Veranstaltern unter Bürgermeister Matthias Konrad Blumen: „Leoben ist heute Welthauptstadt, weil diese wunderbare Ausstellung hier stattfindet.“
In der Tat hofft Seipel, mit dieser Ausstellung neben interessierten Laien, die wohl vor allem durch den herausragenden ästhetischen Wert der Exponate angesprochen werden, auch ein internationales Fachpublikum, insbesondere Historiker und Archäologen, anzuziehen. Ein Kunstwerk für sich ist auch der umfassende und reich ausgestattete Katalog zur Ausstellung. | cs


Die Ausstellung in der Kunsthalle Leoben ist täglich von 09:00 bis 18:00 bis 26. Oktober geöffnet.
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