Aktuelle Diskussionen über Migration vermitteln den Eindruck, dass Integration eine Bringschuld sei, zu der MigrantInnen verpflichtet werden müssten; sie blendet aus, dass im Aufnahmeland oft Bedingungen herrschen, die ganz entgegen den offiziellen Forderungen nach Integration soziale Ausgrenzung bewirken; ein zentraler Faktor in diesem Zusammenhang ist die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt.
Aus diesem Grund steht auch das Thema ,Bessere Chancen am Arbeitsmarkt für MigrantInnen“ im Mittelpunkt der Tagung, die wir am 5. Juni im Grazer Rathaus abhalten“, sagt DI Kheder Shadman, Geschäftsführer des MigrantInnenbeirates der Stadt Graz. Bei diesem Symposium (das in Kooperation mit dem Integrationsreferat der Stadt Graz und im Rahmen des EU-Projektes „Marienthal. Zusammenhalt fördern und Handlungsfähigkeit stärken“ stattfindet) wird es aber auch Vorträge über Stadtteilarbeit, Bildung und Netzwerke geben, die sozialer Ausgrenzung entgegenwirken. Im Rahmen dieses Projekts haben schon mehrere Workshops stattgefunden, die sich unter anderem auch an Frauen mit Migrationhintergrund gewandt haben: „Wir haben versucht, das Beratungsangebot in Zusammenarbeit mit dem AMS zielgruppenorientiert und niederschwellig zu gestalten. Uns war auch ein Anliegen, für die Kontaktaufnahme mit der Zielgruppe interessierte Frauen zu engagieren, um damit auch Frauennetzwerke zu stärken“, sagt Shadman. Emine Aker von der Frauengruppe des Kurdistan-Informationszentrums war eine der Teilnehmerinnen der Veranstaltung „Chancen für Frauen am Arbeitsmarkt“. Sie wünscht sich mehr solcher Veranstaltungen, „die Frauen haben dabei sehr nützliche Informationen erhalten, zwei von ihnen sind dabei mit Einrichtungen in Kontakt gekommen, über die sie Arbeit gefunden haben.“
Sprachprobleme. Im Gespräch mit Dr. Hannes Graf, Geschäftsführer des Arbeitsmarktservice Graz, bestätigt sich: MigrantInnen sind in der Krise stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als die restliche Bevölkerung. „Im März ist die Gesamtarbeitslosigkeit um 27,9% gestiegen, bei den ArbeitnehmerInnen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft aber um 37,8%“, sagt Graf. Das zentrale Problem laut Graf: Mangelnde Sprachkenntnisse, „von 3000 vorgemerkten ausländischen Arbeitslosen haben sicher 2000 grundlegende Probleme mit der deutschen Sprache.“ Darum finanziert das AMS Deutschkurse für 700 bis 1000 TeilnehmerInnen pro Jahr. Das System soll jetzt allerdings – auch aus Kostengründen – umgestellt werden: „Wir überlegen, mehr Konversationskurse statt herkömmlicher Sprachkurse anzubieten, weil wir hoffen, dass das effizienter und gleichzeitig billiger ist.“ Die besonders wirksame Verbindung von Sprachkursen mit einer fachlichen Qualifizierung könne, weil extrem teuer, nur selten angeboten werden.
Hilfreiche Netzwerke. Graf lobt die gute Zusammenarbeit mit dem MigrantInnenbeirat und mit Vereinen wie ZEBRA, ISOP und Chialas Afrika: „Wir kooperieren mit diesen NGOs und den AusländerInnenorganisationen, gehen zu deren Treffen, Diskussionen und Veranstaltungen, weil das unsere Arbeit erleichtert – in den informellen Netzwerken verbreitet sich schnell das Wissen darüber, was das AMS bietet und was es verlangt, dann kommen die Betroffenen schon vorbereitet zu uns.“ Der Trend gehe zu niederschwelligen Beratungs- und Betreuungsformen: „Im Jugendzentrum ,Insel‘ in der Leuzenhofgasse werden muttersprachliche Jugendzentrums-BetreuerInnen von uns für arbeitsmarktorientierte Beratungsaufgaben qualifiziert.“ Ein heikle Frage bleibt – wie überall im öffentlichen oder halböffentlichen Dienst – die Einstellung von MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund, die bessere Kontakte zur nicht-österreichischen Klientel des AMS herstellen könnten: „Es ist schwierig, geeignete BewerberInnen zu finden“, sagt Graf offen. „Diejenigen, die entsprechende Fähigkeiten mitbringen, haben meist andere Perspektiven; und es wäre kontraproduktiv, eine/n BewerberIn nur deswegen einzustellen, weil er/sie MigrantIn ist.“ Dennoch arbeiten im AMS Graz eine Beraterin mit serbokroatischer Muttersprache und eine, die aus der Türkei stammt. | cs Sozialer Ausgrenzung entgegenwirken!Gesellschaftliche Teilhabe von MigrantInnen fördern. Freitag, 5. Juni 2009, Rathaus Graz, 14:00 bis 20:45
14:00 Begrüßung 14:30 MigrantInnen als Zielgruppe der Stadtteilarbeit (DI Kheder Shadman) 14:45 Strategien zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von MigrantInnen durch bessere Chancen am Arbeitsmarkt (Mag. August Gächter) 15:50 Bildung als wesentlicher Faktor für die Verbesserung der Lebenssituation von MigrantInnen (Dr.in Annette Sprung) 16:10 Etablierung, Stärkung und Aufrechterhaltung von Strukturen und Netzwerken, die sozialer Ausgrenzung entgegen wirken 16:30 Arbeitskreise 17:30 Austausch und Diskussion 18:50 Podiumsdiskussion mit PolitikerInnen (S. Nagl, L. Rücker, E. Edlinger, E. Kahr, Flecker, Vollath) 20:15 Empfang durch die Stadt Graz Moderation: Mag. Christian Stenner, KORSO
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