Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
„Dieses Jahr ist nicht das Jahr der Sparefrohs“
Mittwoch, 13. Mai 2009
Gregor I. Stuhlpfarrer sprach mit Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann über zusätzliche, konjunkturbelebenden Maßnahmen, die Vor- und Nachteile neuer Abgaben und die Zukunft der Automobilindustrie in der Steiermark. Für 2009 wird das Land Steiermark seine Schulden um 110 Millionen erhöhen (2,25 Prozent des Gesamtbudgets von 5,7 Milliarden Euro). Können Sie dazu ein wenig ins Detail gehen…
Ich glaube, dass es in Zeiten wirtschaftlicher Anspannung ganz wichtig ist, dass auch die öffentlichen Haushalte mit einem optimistischen Realismus an die Sache heran gehen und wenn es notwendig ist auch entsprechend investieren. Wir tun das, denn dieses Jahr ist nicht das Jahr der Sparefrohs. Wir müssen in diesem Jahr die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze sichern, wenn geht auch welche schaffen. Aus diesem Grund verwenden wir neben dem Doppelbudget noch einmal 114 Millionen Euro für ganz konkrete Projekte. Es geht dabei um den Kindergartenbau, um Beschäftigungsprogramme genauso wie um Verkehrsinfrastruktur oder zum Beispiel einer Breitbandinternetoffensive…

…wo besteht in diesem Bereich ein besonderer Bedarf?
Was die traditionelle Internet-Technologie betrifft, so haben wir in der Steiermark eine 99%-ige Erschließung, trotzdem gibt es Regionen in der Steiermark in denen der Istzustand nicht ‚State of the Art’ ist. Aus diesem Grund wird es in diesem Bereich ein Pilotprojekt geben, das im Rahmen der alpinen Skiweltmeisterschaft in Schladming abgewickelt wird. Allerdings habe ich grundsätzlich drei Bedingungen gestellt: Erstens, dass jenes Geld, das wir in die Hand nehmen unmittelbar investiert werden muss, dass es zweitens beschäftigungswirksam sein muss und drittens, dass die Investitionen nachhaltig sein müssen.

Wie will man in diesem Zusammenhang garantieren, dass steirische Firmen zum Zug kommen?   
Hier gilt es, den Vergabeprozess intelligent zu steuern, Losgrößen so auszuschreiben, dass gerade die Wirtschaft in den Regionen und den Gemeinde zum Zug kommen. Aufgrund der Wirtschaftskrise gibt es jetzt die Möglichkeit, dass die Bürgermeister Bauvorhaben bis zu einer Million Euro sozusagen freihändig vergeben.

14 Mio. Euro von den 110 Mio. zusätzlicher Verschuldung sollen als Wachstumsbudget in Projekte gehen, die „unmittelbar konjunkturwirksam“ werden…

...dieser Teil geht in ganz konkrete beschäftigungswirksame Investitionsvorhaben, um nicht zu sagen in Bauvorhaben. Mein Vorschlag wäre es, beispielsweise eine Offensive in Richtung thermische Sanierung zu starten und hierfür dieses Geld aufzuwenden.

Detailfrage: Sind die schon beschlossenen Ausgaben für arbeitsmarktrelevante Programme wie Bildungskarenz neu oder JobConnect in diesen 14 Millionen enthalten?

JobConnect hat meine volle Unterstützung, wir haben das gemeinsam in der Regierung beschlossen. Das Wirtschafts- und das Sozialressort ist sich dabei einig, dass wir gemeinsam alle vernünftigen Maßnahmen setzen wollen, die Wirkung entfalten. Wie viel für konkrete Beschäftigungsmaßnahmen jetzt von diesen 14 Millionen eingesetzt werden, muss die Regierung erst beschließen. Faktum ist, wir wollen dieses Geld rasch umsetzen. Wenn es in diesem Bereich Projekte gibt, lautet die Devise: First in – First out.  

Auf einer Metaebene stellt sich die Frage, wie lange sich das Land Steiermark derartige Mehrausgaben leisten kann, ohne seine Einnahmensituation aufbessern zu müssen. Zum Beispiel mit Hilfe neuer Steuern?

Die Diskussion über die Einhebung neuer Steuern führt an der Themenstellung vorbei, weil wir durch die Einführung neuer Abgaben die Budgets der öffentlichen Haushalte nicht in den Griff kriegen werden. Wir müssen – wenn diese wirtschaftliche Anspannung überwunden ist – vielmehr ausgabeseitig darüber nachdenken, was man verändern kann. Da ist von der Staatsreform, der Gesundheitsfinanzierung der sozialen Treffsicherheit so mancher sozialer Maßnahme die Rede; Wenn man 26% der heimischen Wertschöpfung in Sozialtransfers investiert und die Armen immer ärmer werden, dann muss diese Frage erlaubt sein, ob das alles treffsicher ist. Öffentliche Haushalte nur durch die Einnahmen in den Griff zu kriegen, ist zu wenig. Wir müssen auch in die Struktur der Ausgaben eingreifen, jetzt ist das Gebot der Stunde aber zu entlasten und nicht zu belasten.  

Die Steiermark ist aufgrund ihrer Akzentuierung in Richtung Autozuliefererindustrie bislang besonders stark vom Übergreifen der Finanzmarktkrise auf die Realwirtschaft betroffen. Warum tut man sich so schwer mit Neuakzentuierungen?
Ich habe in diesem Punkt eine ganz klare Philosophie, nämlich das eine tun und das andere nicht lassen. Die Automobilproduktion ist – auch wenn es momentan Schwierigkeiten gibt – ein Jobmotor für die Steiermark gewesen und wird es auf einem gewissen Niveau auch in der Zukunft bleiben. Trotzdem setze ich stark auf diese Zukunftsfelder wie Erneuerbare Energien, Umwelttechnologien. In diesem Bereich haben wir als öffentliche Haushalte auch Beispielfunktion. Ich bin bereit, jenen Unternehmungen, die in diesem Bereich Pilotprojekte machen möchten, auch eine entsprechende Schaufensterfunktion zu geben.

Wenn ich Sie richtig verstehe, wird man sich auf dem automotiven Sektor aufgrund der Überproduktion eher auf einem niedrigeren Niveau weiterbewegen, gleichzeitig aber in neue Stärkefelder im Umweltbereich investieren?  
Wir werden alles dafür tun, dass wir den Automobilbereich auf einem hohen Niveau halten können, in kurzfristig absehbarer Zeit wird aber deutlich niedriger Sein, als zu Spitzenwerte 2006/07. Aber wir haben auch andere starke Wachstumsbereiche wie Humantechnologie, Kreativwirtschaft etc. und mir ist nicht bange, dass wir es nicht schaffen, hier neue Stärkefelder hochzuziehen.
» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >