Fußfrei – Theatertrips und -tipps - von Maria Stradner Stiller Widerstand: Franzobel verarbeitet im Stück „Prinzessin Eisenherz“ die wahre Geschichte einer Kämpferin im stillen Widerstand gegen die Unmenschlichkeit. Am Ende steht Barmherzigkeit: Die Wiederaufnahme des „Rosenkavalier“ erzählt eine klassische Geschichte mit überzeugenden stimmlichen Leistungen und spannenden Akzentuierungen.
Stiller Widerstand Franzobel verarbeitet im Stück „Prinzessin Eisenherz“ die wahre Geschichte einer Kämpferin im stillen Widerstand gegen die Unmenschlichkeit.
Im kleinen Ort Eisenerz scheint für eine Frau die Zeit stehen geblieben zu sein. Es ist 1944 und die schwangere Milli Deutsch wartet tagtäglich auf Antwort von ihrem Mann, der an der Front kämpft. Während sich ihre Umgebung ganz dem nationalsozialistischen Gedankengut verschrieben hat, ist die Krankenschwester – wie sie selbst sagt – äußerst „unpolitisch“. Mit einem Klopfen an der Tür ändert sich das schlagartig. Die ehemalige Schulkollegin Mitzi steht vor der Tür und sucht Unterschlupf – sie wird von der SS verfolgt. Mitzi hat sich den Widerstandskämpfern der Österreichischen Freiheitsfront angeschlossen. Im Zwiespalt zwischen Gefühlen der Menschlichkeit und Argumenten für die eigene Sicherheit entscheidet sich Milli für die Loyalität und gewährt ihrer Freundin Unterschlupf. Damit beginnt ein Versteckspiel und die junge „unpolitische“ Frau wird zur Widerstandskämpferin wider Willen. Immer wieder wird Millis Integrität auf die Probe gestellt: Mitzi bringt noch zwei Freunde, die im Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime tätig sind, im Haus unter. Millis Schwiegereltern statten der jungen Frau unterdessen unzählige Besuche ab und prüfen, ob sie sich anständig verhält, während deren Sohn sich im Krieg befindet. Als auch noch die ehemalige Arbeitskollegin Kuppi aus Berlin kommt, muss sich Milli mit drei Widerstandskämpfern und einer – dem Führer untertänigen – Deutschen arrangieren.
Milli Deutsch lebt. „Prinzessin Eisenherz“ ist die wahre Geschichte einer Frau, die erst heute über ihre Vergangenheit spricht. Die 88-jährige Milli Deutsch hatte sich nämlich nach dem Stück „Hirschen“, das ebenfalls von Franzobel geschrieben und von Regisseur Georg Schmiedleitner inszeniert wurde, bereit erklärt, über ihre eigene Geschichte zu erzählen. Der oberösterreichische Schriftsteller hatte daraufhin begonnen, die Geschichte der Milli Deutsch niederzuschreiben – daraus entstand der Text für das Stück. Darin verarbeitet Franzobel sowohl ihre Geschichte, als er auch die Personen der Widerstandskämpfer ins Bild rückt. Im Franzobels „Prinzessin Eisenherz“ ist die Person der Milli ständig im Zwiespalt zwischen der Loyalität den Ansichten der Widerstandskämpfer gegenüber und den eigenen, unsicheren Umständen. Diese sensible Rolle spielt Verena Lercher authentisch. Daneben überzeugen Susanne Weber (Mitzi), Gerhard Liebmann (Lipp) und Alexander Rossi (Titsch) in den Rollen der Widerstandskämpfer. Ihre inneren Kämpfe, Ängste und Hoffnungen beschreibt Franzobel – wie auch schon in „Hirschen“ – in starken Worten. Ihre Hoffnung, nach dem Krieg die Helden für die österreichische Nation zu sein, stellt er genauso unkommentiert in den Raum wie die Worte des Hitler-fanatischen Schwiegervaters, der die Konzentrationslager als „Geschichtslüge“ bezeichnet.
„Wenn man etwas macht, was nicht sein darf“. „Prinzessin Eisenherz“ ist sowohl im Text, als auch in der Inszenierung überzeugend und eindringlich. Zusätzliche Authentizität wird dem Stück verliehen, indem immer wieder Videosequenzen aus dem Interview mit der „echten“ Milli Deutsch gezeigt werden. Beeindruckend unterstützen ihre Worte das Gespielte und unterstreichen ihren Mut zur Menschlichkeit trotz unglaublicher Gefahr. So sagt Milli Deutsch, heute in Graz lebend, „Wie lange so eine Woche ist, kann sich kein Mensch vorstellen, wenn man etwas macht, was nicht sein darf.“
Noch zu sehen am 14. April (Beginn: 19: 30 Uhr). Am Ende steht Barmherzigkeit Die Wiederaufnahme des „Rosenkavalier“ erzählt eine klassische Geschichte mit überzeugenden stimmlichen Leistungen und spannenden Akzentuierungen.
Der Stoff ist ein bekannter: Die Feldmarschallin Fürstin Werdenberg (Ann Peterson) hat einen jungen Geliebten – Octavian (Stephanie Houtzeel). Dieser soll für den Baron Ochs auf Lerchenau (Peter Rose) eine silberne Rose zu seiner Angebeteten bringen und wird damit zum Rosenkavalier. Dabei verliebt sich der junge Mann in Sophie (Margareta Klobucar). Eine Vierecksbeziehung zwischen der Feldmarschallin, dem Baron Ochs auf Lerchenau, seiner Angebeteten und dem Rosenkavalier entsteht.
„Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding“. In der Wiederaufnahme des „Rosenkavalier“ von Richard Strauss setzt Regisseur Marco Arturo Marelli mehrere Akzente. Die Zeit ist einer dieser zentralen Aspekte, die sich wie ein roter Faden durch die Oper zieht. Die Feldmarschallin ist die Person, die sich dem Verlauf der Zeit widmet und ihm gleichzeitig ein Gesicht gibt. „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding. Wenn man so hinlebt, ist sie rein gar nichts. Aber dann auf einmal, da spürt man nichts als sie. Sie ist um uns herum, sie ist auch in uns drinnen. In den Gesichtern rieselt sie, in meinen Schläfen fließt sie.“ Ann Peterson gibt dieser kraftvollen Frau, die einsieht, dass sie den jungen Liebhaber liebend gehen lassen muss, sensible Züge und eine starke Präsenz. Den Gegenpol zu ihrer Rolle bildet der Cousin Baron Ochs von Lerchenau, der als Adeliger – blind für den nahenden Untergang des Adels – sämtliche Privilegien seines Standes auskostet. Peter Rose mimt den arroganten, ungehobelten Adeligen und besticht mit seiner stimmlichen Leistung. Nach der Figur des Ochs von Lerchenau sollte ursprünglich die gesamte Oper benannt werden. Richard Strauss ließ sich aber von Hugo von Hoffmannsthal und seiner Frau überreden, doch den „Rosenkavalier“ als Titel zu wählen. Trotz einiger humorvoller Elemente sind es doch die Werte, welche am Ende bestehen bleiben und den Inhalt der Oper prägen: Barmherzigkeit ist einer dieser. In Person der Feldmarschallin manifestiert er sich und wird zum zentralen Element.
WEITERE TERMINE 9.4., 19.4. (15:00 Uhr), 6.5., 8.5., 14.5. und 17.5. Beginn jeweils 18:00 Uhr, sofern nicht anders angegeben.
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