Im Rahmen einer Infotour quer durch Österreichs Hauptstädte machte der vom Kulturrat Österreich organisierte Informationsabend über die Sozialversicherung für selbstständig erwerbstätige KünstlerInnen auch im Grazer ESC im LABOR Station.
Jeweils zwei ExpertInnen vom Künstlersozialversicherungsfonds (KSVF) und von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) standen den Grazer KünstlerInnen Rede und Antwort und versuchten den durchwegs sehr speziellen Fällen einen Weg durch den verwirrenden Beitragsdschungel zu bahnen. Kopfschütteln gab es aufgrund so mancher gesetzlicher Regelung im Publikum: Warum muss eine Kurie feststellen, ob ich überhaupt KünstlerIin bin. Wie umschiffe ich Mindest- und Höchstgrenzen, um Rückzahlungen zu vermeiden. Wann gilt ein/e KünstlerIn als arbeitslos?
KünstlerInnen in ihrer Rolle als „Neue Selbstständige“. Grundsätzlich gibt es in Österreich keine eigene KünstlerInnensozialversicherung: KünstlerInnen gelten seit 1.1.2001 als Neue Selbstständige und unterliegen bei Überschreiten der für sie zutreffenden Versicherungsgrenzen der Pflichtversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Die Versicherungsgrenze I mit 6.453,36 Euro gilt bei Einkünften aus ausschließlich selbstständiger Tätigkeit, Versicherungsgrenze II mit 4.292,88 Euro, wenn zusätzlich auch Einkommen aus einer anderen Erwerbstätigkeit bezogen wird. Eine Nachbemessung erfolgt bei Vorliegen des Einkommenssteuerbescheids am Jahresende. Liegt das Einkommen unter der maßgeblichen Versicherungsgrenze, so kann über Antrag eine freiwillige Kranken- und Unfallversicherung erfolgen (Opting In). Zuschüsse für die Pflichtversicherungsbeiträge bei der SVA zur Unterstützung der KünstlerInnen gewährt der KünstlerInnensozialversicherungsfonds (KSVF). Voraussetzung ist, dass mit dem künstlerischen Einkommen die oben genannte Mindestgrenze erreicht wird. Der Weg zum Zuschuss führt dann über ein Antragsformular, das gemeinsam mit künstlerischem Lebenslauf und Abbildungen von Werken eingereicht werden muss, damit eine Sachverständigenkurie über die Aufnahme in den Fonds entscheiden kann. Ist ein Zuschuss einmal bewilligt, wird er automatisch und fortlaufend am Beitragskonto gutgeschrieben. Rückwirkend kann er bis zu vier Jahre beantragt werden.
Das Problem mit den Rückzahlungen und andere Neuerungen. Seit Einführung dieses Zuschusssystems durch den KSVF war ein Unterschreiten der Einkommensgrenzen in der Vergangenheit oft mit Rückzahlungen der bereits erhaltenen Versicherungszuschüsse verbunden. Gerade dann also, wenn der/die KünstlerIn ohnehin nicht viel verdient, wird die staatliche Unterstützung versagt. Nun ist seit April 2008 eine neue Novelle in Kraft, die es dem Fonds ermöglicht, solche Härtefälle abzufedern und über eine Reihe von Ausnahmeregelungen von Rückzahlungsforderungen absehen zu können. Es handelt sich allerdings immer um Einzelfallsbeurteilungen. Auch bei der SVA gibt es zwei Neuerungen: Seit 1. Jänner 2008 werden die durch die Absenkung des Krankenversicherungsbeitrages von 9,1 auf 7,65% frei werdenden Mittel in eine Vorsorgekasse eingezahlt. Diese Beiträge werden bei Einstellung der selbständigen Tätigkeit oder Antritt der Pension ausbezahlt. Mit 2009 haben Neue Selbstständige auch die Möglichkeit einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung, an die sie sich auf 8 Jahre binden. Wer bereits SVA versichert ist, muss sich bis zum Jahresende entscheiden. Zum Bezug des einbezahlten Arbeitslosengeldes muss jedoch die maßgebliche Erwerbstätigkeit eingestellt und nicht nur reduziert werden. Hier stellt sich aufgrund der Formulierung für KünstlerInnen durchaus eine Sinnfrage: Wann gilt ein Künstler nun gesetzlich als arbeitslos und kann die Versicherung beziehen? Leider konnten die anwesenden ExpertInnen hier noch auf keine Erfahrungen zurückgreifen.
Was wir KünstlerInnen an diesem Abend gelernt haben? Bei Unklarheiten nachfragen – die BeraterInnen sind für spezielle Probleme persönlich da. Und: der beste Freund des Künstlers ist ein guter Steuerberater. Wir nennen keine Namen.
\ ep Informationen:Näheres zu Versicherung und Fonds findet man im Internet unter www.ksvf.at und www.sva.or.at Die IG Bildende Kunst bietet ebenfalls Auskunft und individuelle Beratung an: www.igbildendekunst.at
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