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Die Neue Galerie drückt auf die > PLAY-Taste
Mittwoch, 11. März 2009
Mit REWIND / FAST FORWARD und Osvaldo Rombergs „Theater of Transparency“ eröffnet die Neue Galerie zwei Ausstellungen mit Videoschwerpunkt:

Nam June Paik, Bruce Nauman, Peter Weibel, Tricia Brown, Erwin Wurm, Gottfried Bechtold, Pipilotti Rist, Valie Export, IRWIN, oder Michael Gumhold…
Mit ihren über die letzten 40 Jahre gesammelten Positionen versucht die Neue Galerie in der Ausstellung REWIND / FAST FORWARD die vielfältigen Entwicklungen innerhalb des Mediums Video nachzuvollziehen. Dabei markieren zwei zeitliche Klammern den Bogen an Arbeiten, die die Videosammlung der Neuen Galerie umfasst: Zum einen trigon 73 mit dem Titel audiovisuelle botschaften, zum anderen die Ausstellung Postmediale Kondition 2005/2006. Mit trigon 73 schrieb die Neue Galerie Videogeschichte – nicht nur, dass erstmalig in Österreich namhafte Videokünstler gezeigt wurden – diese Gruppenausstellung hatte große Wirkung innerhalb Europas und sogar bis in die USA, als Videokunst noch ein reines Nischendasein fristete und lange bevor sich die documenta VI in Kassel oder das ars electronica center in Linz in Bezug auf Videokunst etablieren konnten. Die Postmediale Kondition, kuratiert von Christa Steinle und Peter Weibel, vereinte mehr als 30 Jahre später jüngere MedienkünstlerInnen und deren interdisziplinäres, methodisches Prinzip im Umgang mit dem Medium Video.


Videos aus vier Jahrzehnten. REWIND / FAST FORWARD schöpft nun erstmals in einer archivartigen Ausstellung aus dem Vollen der rund 500 Videos umfassenden Sammlung und zeigt an die 100 Positionen.
Die ausgewählten Arbeiten sind nicht chronologisch geordnet und gehen von der Kontextkunst über Video als Hoffnungsmedium und Alternative zum Fernsehen, Aktionismus und einen sehr körperbetonten Einsatz des Videos bis zur abstrakten Videokunst vor allem in den 80er Jahren. Auch Video- und Werbeclipästhetik und die Auseinandersetzung des Videos mit der Malerei und seine „postmedialen“ Ausformungen werden anhand der Sammlung gezeigt. Bei diesem großen Angebot kann sich der Besucher zwischen Altbekanntem und noch Ungekanntem durchkosten – häppchenweise wohlgemerkt, denn mit einem Besuch kann man das Gezeigte kaum erfassen.
Günther Holler-Schuster, Kustos der Videosammlung, präsentiert mit der Ausstellung erstmals seit 1988 auch wieder einen detaillierten Bestandskatalog der Videosammlung.
Osvaldo Romberg, Theater of Transparency. Den Spiegelsaal der Neuen Galerie bespielt der argentinische Künstler Osvaldo Romberg. Er verkettet mit seiner Videoinstallation, die den Titel Theater of Transparency trägt, die historischen Bezüge dieses Raumes und zeigt drei Videos, die er in den letzten Jahren verwirklichte.
Rombergs Theater verfügt dabei über keine fixen Plätze für die Zuseher oder für eine zentrale Filmprojektion – vielmehr wandert man durch die Projektionen hindurch und kann das, was auf den Leinwänden läuft, von verschiedenen Seiten betrachten. Projiziert werden die Filme auf transparenten, in den Raum gehängten Leinwänden, die untereinander Beziehungen herstellen und so auch die Architektur beeinflussen. Von den Spiegeln, die vieles, was auf die Leinwände geworfen wird, nochmals schemenhaft erscheinen lassen, bis zu den Lustern, die die Aura des „Theater of Transparency“ nach oben hin steigern, wirkt hier alles zusammen. Den Herstellungsprozess seiner Filme lässt Osvaldo Romberg über die Präsenz der Figuren in das Theater einfließen – seine Protagonisten, Marionetten aus durchsichtigem Plexiglas, werden in unterschiedlichen Arrangements in die räumliche Inszenierung mit eingepflanzt. So scheint es, als ob sich Figuren, Projektionen und Architektur durchdringen, den „virtuellen Videoraum“ noch verdichten. Rombergs Installation könnte damit auch als dreidimensionale Malerei gedeutet werden, von deren konzeptuellen Ansätzen er ursprünglich auch kommt.


Rombergs Collagen aus Kunst- und Musikgeschichte. Die drei Videos, die Rombergs Ambivalenz gegenüber Technologie widerspiegeln und lineare Strukturen vermeiden, handeln von Liebe, Sex und Religion, dargestellt anhand von Werken aus der Kunstgeschichte, die er ebenso bildlich zitiert wie ältere Werke aus der eigenen Produktion. „Aus dem Paradies, ins Paradies: Ein Hypertext über die Liebe“ handelt von der Affäre zweier Plexiglas-Menschen, die die historische Evolution der Liebe in einer surrealen Welt inmitten alter Meister, Jazzmusik und Wagner durchleben. „Jesus de Buenos Aires“ konfrontiert dagegen Jesus Christus in einer Art neuerlicher Inquisition mit den Psychoanalytikern Sigmund Freud und Jaques Lacan. Mit „Romeo & Julieta gemäß Romeo“ taucht auch die ultimative Liebesgeschichte im „Theater of Transparency“ auf, wenn die beiden sich am Ende auch nicht im Selbstmord vereinigen, sondern in einem hermaphroditischen Wesen. Romeo wird übrigens durch die Figur des Charly Chaplin dargestellt, Julieta von Greta Garbo, Rita Hayworth und Grace Kelly verkörpert. Osvaldo Romberg geht elementar und verspielt mit der Technik des Videos um, „malt“, dekonstruiert und analysiert die Raumsituation und collagiert sie gekonnt mit Bezügen aus Bildern und Musik.                     

\ Eva Pichler

Osvaldo Romberg, Theater of Transparency, bis 13. April 2009, REWIND / FAST FORWARD, bis 24. Mai 2009

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