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Der Fotograf als Zeuge
Dienstag, 10. Februar 2009
Die Fotografie konnte im Iran bereits acht Jahre nach ihrer Erfindung erfolgreich Fuß fassen. Abseits aller Einflüsse – das Land wurde nie kolonialisiert – entwickelte sich eine eigene Bildsprache, die keine westlichen Bildtraditionen zum Vorbild hatte.

Der iranische Fotograf Bahman Jalali, geboren 1944, und als Fotograf Autodidakt, setzt sein Werk mit dieser Bildgeschichte in Beziehung. Eigentlich ausgebildet in Wirtschafts- und Politikwissenschaften wurde Bahman Jalali zum Sammler, Historiker und Lehrer, der sein Land bereiste und die Archive mehrerer Fotostudios vor der Zerstörung rettete. In seiner Rolle als Erforscher des fotografischen Erbes zeigt er mit  „Chehrenegars’s Studio“ (1993) ein altes Fotostudio, dessen wertvolles Archiv erfolgreich an das erste Fotografiemuseum im Iran vermittelt werden konnte. Indem Bahman Jalali Negative aus der Kadscharenzeit in seinen Fotomontagen verarbeitet und damit neue experimentelle Bildbedeutungen schafft, setzt er sich auch künstlerisch mit der Kulturgeschichte des Irans auseinander, die er zu aktuellen Inhalten komponiert.

Dokumentation des Krieges. Seit den 1970er Jahren versteht sich Jalali  vor allem als Dokumentarist  des Alltags, aber auch der Gewalt in der neueren Geschichte seines Landes. Seiner Arbeit geht er als überzeugte Zivilperson und nicht im Dienst einer Agentur oder irgendeiner Macht nach, denn ein Fotograf ist für ihn ein Zeuge, der ein visuelles Gedächtnis aufzubauen versucht. In seinen Fotoserien über den acht Jahre andauernden Iran-Irak-Krieg („Khorramshahr. A City that was Destroyed“ 1980-1988), der von den internationalen Medien kaum zur Kenntnis genommen wurde, und über die iranische Revolution bis zur Rückkehr des Ayatollah Khomeini („Days of blood, days of war“,1978/79 – in Zusammenarbeit mit seiner Frau Rana Javadi) übt er genau diese Rolle aus. Die beiden Arbeiten zeigen die Grausamkeit und Sinnlosigkeit eines Krieges dokumentarisch und ungeschönt, halten fest, was geschehen ist.

Die Veröffentlichung steht erst an zweiter Stelle. Die meisten seiner Serien beschäftigen Bahman Jalali mit dem Anspruch des Dokumentierens über lange Zeitspannen, er zeigt das Schwinden der großartigen Architektur in der Hafenstadt Bushehr, eine der ältesten im Iran, die über ein bemerkenswertes Kühlungssystem verfügt, ebenso über viele Jahre hinweg, wie er am Leben der Fischer am Persischen Golf unmittelbar teilnahm und die harten Arbeitsbedingungen der Menschen ins Bild brachte, die mit der Wasserverschmutzung durch Frachtschiffe und dem schwindenden Fischvorkommen kämpfen.
Ein Fotograf soll sich nicht danach richten, was veröffentlicht werden kann – was Bahman Jalali fotografierte,  konnte erst Jahre später gezeigt werden, teils auch aufgrund von Ausstellungsbeschränkungen in der Geschichte seines Landes. „Es war mir egal, ob sie die Fotos veröffentlichten oder nicht“ sagt Bahman Jalali, „mir war es nur wichtig, sie aufzunehmen und aufzubewahren.“


\ Eva Pichler

Die von Catherine David kuratierte Retrospektive ist bis 13. April 2009 in der Camera Austria zu sehen.

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