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Brasilien: Hoffnung ruht auf indigenen Bürgermeistern
Dienstag, 11. November 2008
Wie in mehreren anderen Staaten Lateinamerikas beginnt auch in Brasilien die eingeborene Bevölkerung nach der politischen Macht zu greifen.

Bei den Kommunalwahlen, die Anfang Oktober stattgefunden haben, sind zum ersten Mal VertreterInnen der indigenen Bevölkerung in Bürgermeister- und Vizebürgermeisterämter gewählt worden: So wurde etwa in der Gemeinde São Gabriel da Cachoeira, das rund 900 Kilometer nordwestlich von Manaus, der Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas liegt, der Indigene Pedro Garcia Bürgermeister, zum Vize-Bürgermeister wurde ebenfalls ein Indigener gewählt, Andre Baniwa. Beide sind ehemalige Direktoren der FOIRN, der Föderation der Eingeborenenorganisationen am Rio Negro, die als Partner-Organisation des Klimabündnis für die Erhaltung des Regenwaldes und damit eines der wichtigsten Klimafaktoren kämpft.

KORSO-Herausgeber Christian Stenner sprach mit Cecília Barbosa Albuquerque, Leiterin der Frauenabteilung der FOIRN, und dem FOIRN-Vizepräsidenten Abrahão de Oliveira França, über die aktuelle Situation.


Auf welchen Listen haben die neuen indigenen Funktionsträger kandidiert? Vor einigen Jahren schien es, als ob eine eigene Partei der UreinwohnerInnen des Amazonasgebietes gegründet werden könnte …
De Oliveira: Nein, Pedro Garcia hat auf der Liste der PT [der Arbeiterpartei des brasilianischen Präsidenten Lula] kandidiert, Andre Baniwa auf der Liste der Grünen, die bei uns mit der PT eine Koalition bildet.
Für uns waren diese Wahlen ein historischer Moment, denn zum ersten Mal in der Geschichte ist es gelungen, einen Indigenen aus unserer Region zum Bürgermeister zu machen. Bisher wurden wir immer von eingewanderten Leuten regiert. Was die Frage nach den eigenen Listen betrifft: Es war uns nicht möglich eine eigene Liste aufzustellen, aber die registrierten Parteien haben Indigene auf ihre Listen aufgenommen.

War dafür viel Überzeugungsarbeit gegenüber der Führung der PT oder der Grünen nötig?
Albuquerque: 1999 haben wir begonnen, innerhalb unserer Organisation zu diskutieren, wie wir an den politischen Wahlen teilnehmen könnten. Und plötzlich ist uns bewusst geworden, dass wir alle verschiedene Parteien gewählt haben, die sich aber nicht um die indigenen Angelegenheiten und Forderungen gekümmert haben. So haben wir mit den Parteien gesprochen um zu erfahren, wer da wirklich bereit ist, unsere Forderungen zu unterstützen; es waren die beiden genannten Parteien, die dazu bereit waren unsere Forderungen zu übernehmen.

Welche Aktivitäten hat die FOIRN in den letzten Jahren gesetzt? Wird die Arbeit der indigenen Organisationen nun leichter, wenn sie auch auf politischer Ebene vertreten sind?
Albuquerque: Sowohl der Organisationsaufbau als auch die Bewusstseinsarbeit der FOIRN sind in den letzten Jahren intensiviert worden; das war auch ein Grund dafür, dass die indigenen Kandidaten bei diesen Wahlen erfolgreich waren.
Auch andere Vorhaben der FOIRN wie das Kunsthandwerk und dessen Vermarktung oder unser Fischzuchtprojekt sind ausgeweitet worden. Wir hoffen, dass die Gemeindeführung nun unsere Arbeit stärker unterstützt und auch die Gemeinden im Landesinneren stärker einbezieht; die früheren Bürgermeister haben sich nur auf die Anliegen der Stadt konzentriert und dafür ihr ganzes Geld ausgegeben. Und natürlich hoffen wir, dass die Vorschläge der FOIRN für ein nachhaltiges Regionalentwicklungsprogramm von Regierungsseite übernommen werden.
De Oliveira: Der Erfolg unserer Arbeit für den Klimaschutz wird nicht nur von unseren eigenen Aktivitäten bestimmt. Wir verfolgen mit Sorge den Klimawandel, der auch in Amazonien immer merkbarer wird, und wir hoffen, dass die Europäer ihre Haltung und Konsumgewohnheiten ändern, um ihm Einhalt zu gebieten.

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