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Die Medien als vierte Macht im Staat
Dienstag, 11. November 2008
Spätestens seit der offenen Unterstützung des aller Voraussicht nach künftigen Bundeskanzlers Werner Faymann (SPÖ) durch die auflagenstärkste Zeitung des Landes – die Kronen Zeitung – ist die Diskussion über eine indirekte Einflussnahme der Medien in der österreichischen Politik neu aufgeflammt. Wie mächtig ist die heimische Medienlandschaft wirklich? Inwieweit schafft beziehungsweise beschneidet der Journalismus die Demokratie? Macht die ausgeübte Macht des Journalismus gar krank? Solche und ähnliche Fragen standen im Mittelpunkt des letzten DiensTalk am 28. Oktober, der unter dem Titel „Macht. Journalismus. Demokratie. Krank?“ firmierte.
Die Brisanz des Themas wurde nicht zuletzt am regen Publikumsinteresse sichtbar – gut 80 Personen fanden den Weg an den Landesparteisitz der steirischen Volkspartei am Grazer Karmeliterplatz, um den ExpertInnen am Podium zu lauschen und an der anschließenden Diskussion zu partizipieren.
Moderator Peter Bermann konfrontierte seine Gäste – Christoph Biró (Steirerkrone), Eva Weissenberger (Kleine Zeitung), Peter Plaikner (Kommunikations- und Medienberater) und Michael Frank (Österreich-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung) – anfänglich mit der bewusst provokanten These, wonach Journalismus beziehungsweise JournalistInnen selbst in besonderem Maße mächtig seien. Michael Frank, der seit zehn Jahren das Österreich-Büro der Süddeutschen Zeitung in Wien leitet, widersprach und skizzierte sogleich seine Auffassung über das Berufsbild des/der Journalisten/-in: „Journalisten haben die Aufgabe, die BürgerInnen in ihrer Meinung zu bestärken“ und nicht die vierte Macht im Staat zu sein; dies wäre reine „Selbstüberschätzung“. Medienberater Plaikner, ehemals stellvertretender Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung, konstatierte zumindest eine „enge Verknüpfung zwischen Auflage und Einfluss“ einer Zeitung, Eva Weissenberger von der Kleinen Zeitung schloss sich dieser Argumentation teilweise an: Natürlich habe die Kleine Zeitung „in diesem Land dank der hohen Auflage“ eine gewisse Macht, trotzdem verfüge umgekehrt auch die Leserschaft einer Zeitung über eine Portion Macht, immerhin entscheiden die LeserInnen selbst darüber, ob eine Zeitung gelesen werde oder eben nicht. „Gekündigte Abos sind das Schlimmste für eine Zeitung“, sagte Weissenberger, die für die Kleine Zeitung im Gegensatz zur KronenZeitung eine „Vielfalt an Meinungen“ beanspruchte.

Die Macht der Krone.
Sowohl die ExpertInnenrunde als auch die anschließende Publikumsdiskussion stand über weite Strecken im Zeichen des Phänomens KronenZeitung. Laut Michael Frank sei es „die eigentliche Aufgabe der Medien, Politik zu beschreiben und nicht Politik zu betreiben“ – ein unmissverständlicher Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Steirerkrone-Chefredakteur. Christoph Biró, der sich über weite Strecken der teils emotional geführten Diskussion gegen Angriffe hinsichtlich des EU-Briefes von SPÖ-Chef Werner Faymann verteidigen musste, versuchte die Praxis der KronenZeitung während und vor dem letzten Wahlkampf zu relativieren und bemühte sich sichtlich, die Einflussmöglichkeiten der Krone als schwach darzustellen. So habe die Krone im letzten Wahlkampf „einen Mitte-links-Politiker“ unterstützt, gewonnen haben aber die Rechtsparteien. Der Einfluss der Krone sei daher enden wollend und im Übrigen sei es nichts Verwerfliches, „einen Kandidaten im Wahlkampf offen zu unterstützen“. Rückendeckung erhielt Biró in diesem Punkt von Peter Plaikner; demnach sei es zum Beispiel im angelsächsischen Raum ganz und gar nicht unüblich, dass sich Zeitungen offen für eine politische Position deklarieren und etwaige KandidatInnen unterstützen.
Michael Frank war während der Publikumsdiskussion nicht selten Ziel verbaler Angriffe; seine Berichterstattung zum Inzestfall von Amstetten wurde ebenso scharf kritisiert wie seine Darstellung von Politikern wie dem ehemaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer oder dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. In seiner Replik betonte Frank, „niemals von dem Österreicher gesprochen“, sondern lediglich Phänomene oder einzelne Gruppierungen zu beschreiben versucht zu haben. Von Seiten des Publikums wurde auch mehrmals die Wahrnehmung von mangelnder Verantwortung der Medien bekrittelt – vor der Finanzkrise hätte man viel zu spät gewarnt und auch in puncto Medienethik hätten viele Printmedien Nachholbedarf.
Gregor I. Stuhlpfarrer
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