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Mit einem rostigen Nagel |
Montag, 10. November 2008 | |
Erich Herbert Schneider: Gedichte aus dem Paulustor. Herausgegeben und eingeleitet von Heimo Halbrainer und Christian Teissl. Graz: Clio 2008, 96 Seiten, 16,-- Euro Erich Herbert Schneider: Erbauungsbuch für den deutschen Spießer. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Gerhard Fuchs. Graz: Clio 2008, 180 Seiten, 18,-- Euro „Notwehrgedichte“ nennt der Grazer Germanist und Schriftsteller Christian Teissl in seiner erhellenden Einleitung die lyrischen Werke Erich Herbert Schneiders, die dieser während der Zeit seiner GESTAPO-Haft im Grazer Paulustor mit einem rostigen Nagel in einen alten Koffer ritzte. In der Tat war Schneider, der 1925 aus Dresden nach Graz zugewandert war, nicht in den politischen Kampf gegen den Faschismus involviert wie etwa Richard Zach, der sein Engagement mit dem Tode büßte; seine Waffe war allein die Feder und sein Eintreten gegen den Nationalsozialismus blieb auf seine literarische Tätigkeit beschränkt. Im Gegensatz zu den kämpferischen Gedichten Zachs ist der Ton der Paulustorgedicht Schneiders zumeist resigniert, manchmal todessehnsüchtig, selten hoffnungsvoll: „Nun haben alle Freunde mich verlassen / Das eigne Vaterland stieß mich in Acht. / Noch nie umfing die Sinne soviel Nacht, / Noch nie traf meine Liebe soviel Hassen.“ Allerdings reichte auch sein literarisches Schaffen aus, ihn als Gefahr für die Herrschenden einzustufen, denn seine Haft hatte Schneider einer Veröffentlichung zu verdanken, die 1937 knapp vor dem „Anschluss“ herausgekommen war, dem „Erbauungsbuch für den deutschen Spießer“, in dem sich Schneider als Pazifist bekannte und über den Nationalsozialismus lustig machte – unter anderem mit einem ebenso wie das Programm der NSDAP aus 25 Punkten bestehenden Programm der „Antiidealistenliga“. Der 23. Programmpunkt dieses fiktiven Zusammenschlusses gibt Auskunft über die Weltanschauung Schneiders: „Der Antiidealist ist ein unverbesserlicher Pazifist, liberal bis zur Intoleranz, human noch gegen seine ärgsten Feinde, pessimistisch in allen Dingen des Idealismus, optimistisch gegenüber jeder Realität, Democrat bis zur Selbstaufgabe [Schneider schreibt das Wort ,Demokratie‘ mit ,c‘, weil im Deutschen, wo man es mit ,k‘ schreibt, Demokratie zu Zeitpunkt der Niederschrift des Erbauungsbuches ohnehin unerwünscht sei], Menschenfreund bis zur Inkonsequenz und zugetan allen, die es ehrlich meinen in allen Fragen, die den Menschen angehen.“ Nach der Veröffentlichung der „Gedichte aus dem Paulustor“ 1946 im Grazer Leykam-Verlag gab Schneider sein literarisches Schaffen auf; er lebte in den nächsten zehn Jahren als Landwirt in Thal bei Graz, zog dann in die Landeshauptstadt und 1977 nach Stocking bei Wildon, wo er 1989 starb. Ein Jahr vor Schneiders Tod konnte der Grazer Germanist Uwe Baur noch ein Gespräch mit dem Autor führen. Der Grazer Verein Clio hat beide Werke Schneiders im Eigenverlag wieder aufgelegt und macht sie damit im Gedenkjahr 2008 wieder einem breiteren Publikum zugänglich. cs
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