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Jüdische Friedhöfe in der Steiermark vom Verfall bedroht
Montag, 10. November 2008
An diesem sonnigen Herbstnachmittag zeigt sich der jüdische Friedhof von Graz im Südwesten der Stadt im günstigsten Licht. Erst ein genauerer Blick enthüllt den traurigen Zustand des wenig bekannten Juwels: Im Zuge einer Begehung des Friedhofgeländes mit Kulturlandesrat Dr. Kurt Flecker weisen Gérard Sonnenschein, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, und sein Stellvertreter Dr. Antony Scholz auf den desolaten Zustand hin. Zerfallende Mauern und Gräber. Das rund 14.000 Quadratmeter umfassende Areal – wenige hundert Meter nördlich von Don Bosco direkt an der Alten Poststraße gelegen – beeindruckt mit seinen rund 1.500 gestalterisch wie historisch interessanten Grablegen. Die Umfassungsmauer des 1865 gegründeten Friedhofs ist jedoch brüchig, an manchen Stellen klaffen breite Sprünge im Mauerwerk. Im Inneren drohen verwitterte Grabsteine umzustürzen, während andere beschädigt am Boden liegen. „Vor rund zehn Jahren wurden von Seiten des Bundesheeres und mit Hilfe von Schulklassen Aufräumarbeiten geleistet, aber die Situation hat sich inzwischen drastisch verschlechtert“, betont Scholz. Er weist auf die im Washingtoner Abkommen von 2001 verankerte Pflicht des österreichischen Staates hin, diese letzten Ruhestätten zu erhalten. Auch die kleineren jüdischen Friedhöfe, etwa in Bad Aussee, Judenburg, Knittelfeld, Leoben und Trautmannsdorf, befinden sich, so Scholz, in einem „äußerst erbärmlichen Zustand“.

Gedenkort für jüdische Opfer.
Für die anstehenden Sanierungsarbeiten hat das Land Steiermark Anfang dieses Jahres 100.000 Euro zur Verfügung gestellt, weitere 10.000 Euro sind von der Stadt Graz zugesichert worden. „Um eine Renovierung auch der außerhalb von Graz liegenden jüdischen Friedhöfe zu finanzieren, fehlen weitere 100.000 Euro“, erklärt Gérard Sonnenschein. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) selbst ist von diesen Dimensionen völlig überfordert, zählt sie doch in der Steiermark, Kärnten und dem Südburgenland zusammen gerade 130 Mitglieder. Das letzte Begräbnis in Graz gab es vor rund eineinhalb Jahren. Neben den Familiengräbern existieren eine eigene Abteilung für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkriegs sowie Gedenksteine für die Opfer des Holocaust, etwa jene Tausenden, die gegen Kriegsende aus Ungarn verschleppt und zum Teil in der Steiermark ermordet wurden.

Gelder vom Bund bleiben aus.
„Angehörige von Emigranten und Holocaustopfern aus Übersee besuchen regelmäßig den Friedhof, von dieser Seite gibt es auch Geldspenden. Zahlreiche vom Zahn der Zeit gezeichnete Grabstätten und -steine müssten ebenfalls restauriert bzw. neu beschriftet werden, um das ehrende Angedenken an die Toten zu bewahren“, fordert Sonnenschein.
„Das Land bzw. das Kulturressort haben finanzielle Vorleistungen erbracht“, stellt LH-Stv. Flecker klar, „aber seit Jahren weigert sich der Bund, seinen Verpflichtungen aus dem Washingtoner Abkommen nachzukommen, und das, obwohl die Landeskulturreferenten mehrfach vehement darauf gedrängt haben“. Eine bereits im Frühjahr medial angekündigte Einigung über die Kompetenz für dieses Anliegen zwischen dem Zukunftsfonds bzw. dem Entschädigungsfonds der Republik Österreich scheint jedenfalls noch auf sich warten zu lassen.

Josef Schiffer
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