Das nachhaltige Magazin für Graz und die Steiermark
Den Widerstand sichtbar machen
Mittwoch, 8. Oktober 2008
Auch rund siebzig Jahre nach dem „Anschluss“ im März 1938 erscheinen viele Fragen zu den erschütternden Geschehnissen der NS-Zeit und des Zweiten Weltkrieges nur unbefriedigend beantwortet: Was wusste die breite Bevölkerung über die Verbrechen der Nazis und welche Handlungsspielräume gab es für Einzelne, gegen die Unmenschlichkeit des Systems anzukämpfen? Und wie ging man nach 1945 mit dem Gedenken um an jene, die den Widerstand gewagt hatten? Widerstand und NS-Alltag. Nach einer wenig spektakulären „Würdigung“ seitens der Stadt im Frühjahr widmet nun das Grazer Stadtmuseum in Zusammenarbeit mit dem Verein CLIO in der Ausstellung „Widerstand und Verfolgung im NS-Regime“ diesem Thema eine nicht nur informative, sondern zugleich berührende Schau. Die zahlreichen zeitgenössischen Dokumente und Bilder gewähren intensive Einblicke in die Lebensläufe jener Menschen, die ihren Kampf gegen die NS-Herrschaft mit dem Leben bezahlt haben. Ergänzend dazu illustrieren Zeitungsausschnitte und Fotos den trügerischen Deckmantel der banalen Alltags-Normalität im 3. Reich, die es vielen Menschen scheinbar leicht machte, ihre Blicke abzuwenden von den weniger erfreulichen Seiten einer Herrschaft, die zu Beginn verlockend Arbeit und Brot für alle versprochen hatte.

„Soziale Praxis“ und Gesichtslosigkeit.
„Die Analyse der Quellen zeigt ebenso wie Aussagen von zahlreichen Zeitzeugen, dass es sich eben um keine ausschließlich von Eliten gelenkte Diktatur handelte“, betonen die für den Inhalt verantwortlichen Historiker Heimo Halbrainer, Gerald Lamprecht und Ursula Mindler. Zum zumindest zeitweiligen „Erfolg“ des Systems trugen gerade die Scharen der vielen MitläuferInnen bei, deren „Pflichterfüllung“ bis zuletzt das reibungslose Funktionieren des Vernichtungsapparates garantierte. Die Mehrzahl von ihnen leugnete nach dem Krieg vor sich und der Welt jede Beteiligung. Auf der anderen Seite stehen „unsichtbar“ jene, die im Verborgenen Widerstand leisteten und für die Freiheit starben. Die Porträtfelder der meisten jener Männer und Frauen, deren Lebensdaten an den Wänden der Ausstellungsräume dokumentiert sind, mussten mangels Bildquellen leer bleiben. Ihnen dennoch wieder ein Gesicht zu geben, dazu wollen die Gestalter dieser Ausstellung ihren Beitrag leisten.

Josef Schiffer

NS-Herrschaft: Verfolgung und Widerstand in der Steiermark; bis 29.März, Di 10-21, Mi-Sa 10-18, So u. Fei 10-13; Stadtmuseum Graz, Sackstraße 18
» Keine Kommentare
Es gibt bisher noch keine Kommentare.
» Kommentar schreiben
Nur registrierte Benutzer können Kommentare schreiben.
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich.
 
< zurück   weiter >