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Aufbruch zur Verantwortung: Die Ethik im Forschungsalltag |
Mittwoch, 8. Oktober 2008 | |
Rein ergebnisorientiertes Forschen ohne die Leitlinien gesellschaftlich verankerter ethischer Normen hat im Laufe der menschlichen Geschichte immer wieder verhängnisvolle Folgen nach sich gezogen – auch abseits offensichtlich problematischer Bereiche wie Atomkraft, Rüstungstechnologien oder Verbrennungsmotoren.
Die Ethik, also das verantwortungsvolle, auf seine Wirkungen bedachte Handeln des Menschen, wird angesichts der immer komplexeren Technologien zunehmend wichtig, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Im Rahmen eines von der JOANNEUM RESEARCH am 30. September an der Alten Universität Graz abgehaltenen Ethik-Symposiums standen das Setzen neuer Impulse und die Vernetzung der bestehenden steirischen Ethik-Initiativen im Blickpunkt. Rationale Erkenntnis und Ethos. Als Impulsgeber der hochkarätig besetzten Veranstaltung fungierte der renommierte Philosoph Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin vom Geschwister-Scholl-Institut der Universität München, der seine zentrale These zur „Kernethik“ in der Wissenschaft folgendermaßen formulierte: „Die Wissenschaft wird getragen von einem Ethos rationaler Erkenntnis, Wahrhaftigkeit, Verlässlichkeit und fairer Kooperation. Unsere wichtigste Aufgabe besteht darin, der aktuellen Gefährdung der philosophischen Grundlagen dieses Ethos entgegenzuwirken.“ In dieselbe Kerbe schlug Forschungslandesrätin Dr.in Kristina Edlinger-Ploder, als sie erklärte, „dass die Forschung bei allen ihren Funktionen für Wirtschaft und Gesellschaft niemals entkoppelt von den ethischen Grundsätzen“ gesehen werden dürfe. Die kritische Selbstreflexion müsse den Forschungsprozess stetig begleiten, denn nicht die Ergebnisse, sondern die Qualität des Handelns sei als der entscheidende Parameter anzusehen. Ethik lässt sich nicht delegieren. Schon im April 2007 hatten intensive Überlegungen zu ethischem Handeln in der Wissenschaft den Hintergrund für die Einrichtung einer Ethik-Arbeitsgruppe der steirischen Forschungsgesellschaft JOANNEUM RESEARCH gebildet. Sie distanziert sich von der üblichen Haltung von Wissenschaftlern, die erst im Gebrauch einer Erfindung den Anlass für eine moralische Überlegung sehen. JOANNEUM RESEARCH ist damit das einzige Forschungsunternehmen in Österreich, das sich systematisch institutionalisiert mit Fragen der Ethik in Wissenschaft und Technik beschäftigt. JR-Geschäftsführer Dr. Bernhard Pelzl wies darauf hin, dass „die Ethik eben nicht eine Frage des Gebrauchs oder Missbrauchs ist, sondern bereits in den Handlungen jener Menschen liegt, die etwas für den Gebrauch verfügbar machen“. Deshalb lasse sich die Beantwortung der ethischen Aspekte einer neuen technischen Entwicklung nicht einfach an Theologen oder Philosophen delegieren, sondern es bedürfe des persönlichen Bekenntnisses der Spezialisten, die den Fortschritt durch ihre Forschung vorantreiben. Praktische Umsetzung im Forschungsalltag. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe im JOANNEUM RESEARCH wird vom Ethik-Experten Univ.-Prof. Dr. Leopold Neuhold (Institut für Ethik und Gesellschaftslehre der Karl-Franzens-Universität Graz) geleitet. Für ihn müssen sich „die grundsätzliche Freiheit der Wissenschaft und die ethische Betrachtung ihrer Ergebnisse gegenseitig ergänzen, um ein humanistisches Gesamtbild zu ergeben“. Denn nur durch das Bewusstmachen und Aufbrechen von individuellen Weltbildeingrenzungen und Glaubenssätzen, die unweigerlich in die alltägliche Forschungsarbeit einfließen, kann Forschung in diesem ethischen Sinne qualitativ verbessert werden. Daraus resultieren praktische Fragestellungen, die sich aus dem Arbeitsumfeld der einzelnen Mitarbeiter ergeben und im Rahmen der Arbeitsgruppe diskutiert wurden, etwa: Soll sich die in der Beschichtung von Oberflächen spezialisierte JR im Bereich militärischer Entwicklung engagieren? Oder: Sollen in Bezug auf die Nanotechnologie problematische Aspekte in der Informationspolitik ausgespart bleiben, um in der Öffentlichkeit eine unvoreingenommene Diskussion zu ermöglichen? Ergänzt werden diese Aktivitäten durch ein international orientiertes Fellowship-Programm, im Rahmen dessen bezahlte Diplomarbeiten und Dissertationen vergeben werden. js
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