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Archiv - Lokales
Montag, 10. April 2006
ImageDie SS selbst dokumentierte die Gräuel im KZ Mauthausen fotografisch – Häftlingen gelang es, die Negative zu entwenden.
Die aktuelle Ausstellung im Haus der Wissenschaft der Karl-Franzens-Universität „kratzt am Mythos, das ein Bild für sich alleine sprechen kann", sagt der Kurator der Schau, Mag. Stephan Matyus vom Archiv der KZ-Gedenkstätte Mauthausen im Bundesministerium für Inneres. „In Wirklichkeit geht es dabei um Inszenierungen."

Bilder, auf denen fröhlich-unbeschwerte Häftlinge zu sehen sind, wurden etwa von der SS zur Bewerbung des KZ für Firmen gestellt, die KZ-Insassen als Arbeitskräfte mieten konnten. Fotos von „auf der Flucht Erschossenen" zeigen in Wirklichkeit Menschen, die zu den so genannten „Erdbeerpflückerkommandos" vor den Lagerzaun geschickt und dann hinterrücks niedergeknallt wurden. Und das Bild eines auf der Toilette erhängten Häftlings soll einen Selbstmörder darstellen – höchst unwahrscheinlich, wenn man in Betracht zieht, dass die rechte Hand des Toten wegen einer Verletzung eingebunden ist. Daneben gibt es aber noch genügend Fotos, die auch den hart gesottensten Revisionisten überzeugen müssten – erschütternde Fotos von Gewalt, Gedemütigten und zu Tode Gequälten. Und natürlich auch jene Bilder, auf denen sich die SS-Mannschaften selbst inszenieren – in Uniform, aber auch bei der Erholung vom alltäglichen Mördergeschäft; Fotos, die einigen der darauf Dargestellten – etwa dem Grazer Ernst Kaltenbrunner, der behauptet hatte, nie in Mauthausen gewesen zu sein – letztendlich zum Verhängnis wurden.
Rund 450 Fotografien umfasst die Ausstellung – aus der aktiven Zeit des Lagers, aber auch von der Befreiung und der Zeit danach. Kurz vor ihrer Flucht versuchte die SS kompromittierende Fotos zu vernichten; einer Gruppe spanischer Häftlinge, die außerhalb des Lagers arbeitete, war es jedoch schon vorher gelungen, Negative in für Fußball spielende SSler bestimmten Sportschuhen versteckt aus dem Lager zu schmuggeln. Für die Ausstellung wurden nun Fotos aus aller Welt – vor allem jedoch aus Spanien und Frankreich – zusammengeführt.

cs

Die Ausstellung ist noch bis 28. April im Haus der Wissenschaft, Elisabethstraße 27, 8010 Graz, zu sehen. Es werden laufend kostenlose Führungen angeboten.
Infos und Anmeldung: Tel. 380-2622 oder 2633.

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