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Ein feinsinniger Zeitgenosse
Montag, 8. September 2008
Pete Doherty gastierte Ende August für zwei Konzerte in Graz.

Pete Doherty ist schwer auszurechnen; davon können Konzertveranstalter Land auf Land ab ein Lied singen. Entweder lässt der junge Mann aus England vertraglich vereinbarte Konzerttermine sausen, weil beispielweise sein Flieger nicht warten wollte oder er kündigt erst gar keinen Termin an, um dann ganz spontan zum überraschenden Gitarrenschlag anzusetzen – so geschehen am 27. und 28. August in Graz.
Doherty kam auch diesmal ohne seine Band, die Babyshambles, und erwies den KonzertbesucherInnen in der „Scherbe“ im Lendkrätzel und tags darauf im altehrwürdigen NonStop Kino am Bahnhof die Ehre.
Im „Pornokino“ zeigt die Uhr knapp nach Mitternacht, als Doherty die Bühne erklimmt oder vielmehr ebendort erscheint: mit Gitarre in der Linken, dem obligatorischen schwarzen Hut am Kopf und einigen kleinen Bierchen in den Säcken seines schwarzen Anzugs. Dabei präsentiert sich der 29-Jährige in vergleichsweise passabler körperlicher Verfassung, wirkt umgänglich und durchaus besonnen – keine Spur also vom angepissten und zugedröhnten Skandalrocker. Ernst wird es lediglich dann, wenn der Mann mit den dunklen, traurigen Augen seine feinfühligen Balladen zum Besten gibt. Vor allem die Solo-Variationen aus der Libertines-Ära strotzen vor Sentiment und gehen bis heute ganz besonders tief unter die Haut; bei „You ‘re my Waterloo“ ist die Stimmung geistvoll und tosend zugleich.
Nach 70 Minuten hat Doherty dann aber doch genug, wirft dem Publikum eine Handvoll Luftbussis begleitet von einigen Brocken Deutsch zu und stolpert von der Bühne. Mit seiner fabelhaft rotzigen Performance hat er sich ein weiters Mal nachhaltig empfohlen – bis zum nächsten Gastauftritt kann demnach gar nicht zu wenig Zeit vergehen.
Gregor I. Stuhlpfarrer

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